Papst mahnt US-Geistliche zur Bewältigung der Missbrauchs-Krise

"Zeit der Reinigung"

Zum wiederholten Male hat Papst Benedikt XVI. am Samstag die Priester der Vereinigten Staaten zur Bewältigung der Missbrauchs-Skandale aufgerufen. Diese Zeit müsse eine "Zeit der Reinigung" und der Heilung sein, sagte er in einer Messe mit US-Klerikern und Ordensleuten am Samstag in New York.

 (DR)

Sexueller Missbrauch Minderjähriger durch Geistliche habe großes Leiden verursacht und der Gemeinschaft der Gläubigen Schaden zugefügt.

Für den Papst war es ein ganz besonderer Tag. Der brausende Applaus der Priester und Ordensleute in der New Yorker St.-Patrick's-Kathedrale erinnerte ihn an die Ereignisse vor drei
Jahren: als am Nachmittag des 19. April 2005 der deutsche Kurienkardinal Joseph Ratzinger im Konklave gewählt wurde und das Votum der Kardinäle annahm; als der neue Papst Benedikt XVI. auf die Mittelloggia des Petersdoms trat und der Welt seinen ersten Segen «Urbi et orbi» spendete.

Drei Jahre später, am Samstagmorgen, fuhr Benedikt XVI. im Papamobil durch Manhattan zur neugotischen Kathedrale New Yorks - die anders als die Vatikan-Basilika ganz in den Häuserschluchten der Fifth Avenue verschwindet. Einige tausend Menschen hatten sich entlang der Fahrtstrecke versammelt und feierten hinter Absperrungen auf dem Vorplatz die Messe mit.

Der dritte Jahrestag war für Benedikt XVI. auch ein «Arbeitstag», wenn auch kein ganz normaler. Nach den politischen Gesprächen in Washington und dem diplomatischen Höhepunkt seiner Reise, der Rede vor der UNO, standen ausschließlich kirchliche Termine auf dem
Programm: nach der Begegnung mit den Priestern am Nachmittag ein Treffen mit Jugendlichen und mit Seminaristen.

Der Gottesdienst mit rund 3.000 Priestern und Ordensleuten galt im Vorfeld der Reise als der Termin, an dem Benedikt XVI.
voraussichtlich auf jene Missbrauchs-Skandale eingehen würde, die die US-Kirche in den vergangenen Jahren in den Grundfesten erschüttert hatten. Die Dynamik der Reise, das deutliche Statement noch während des Hinflugs; die klaren Worten während der großen Messe in Washington, vor allem aber das Geheimtreffen mit einer Gruppe von Missbrauchsopfern sorgten aber für eine Akzentverschiebung. Denn Benedikt XVI. hatte das Thema bereits ausführlich thematisiert - und die US-amerikanische Öffentlichkeit und die Medien den überraschend offensiven Umgang des Papstes mit dem Thema zur Kenntnis genommen und gelobt.

Daher äußerte sich Benedikt XVI. vor den Priestern nur knapp zu dem Skandal. Es sogar Anzeichen dafür, dass die betreffende Passage der Rede noch im letzten Moment geändert wurde. Der Papst bekundete den Priestern, die in den vergangenen Jahren oft pauschal diskreditiert wurden, seine geistige Verbundenheit. Erneut forderte er eine nachhaltige Lösung des Problems.

Damit standen bei der Papstmesse auch andere Themen im Vordergrund. In einer fast lyrischen Predigt sprach Benedikt XVI. über die christliche Hoffnung und über die Freude am Glauben, aber auch über Klarheit des Glaubens, der auch in der traditionell religiösen US-Gesellschaft mitunter verdunkelt werde. Die Kirche müsse in den USA ein «neues Pfingsten», einen neuen Frühling erleben. Dazu gehörten Einheit über Kultur- und Nationengrenzen hinweg, Dynamik, Vitalität und Leuchtkraft des Glaubens, Nächstenliebe und Solidarität in die Gesellschaft hinein.

Eine Gratulation zum Wahltag des Papstes gab es am Ende der Messe. In einem Grußwort auf Spanisch dankte Kardinal-Camerlengo Tarcisio Bertone dem Papst für sein «promptes Ja» beim Konklave von 2005 und für sein bisheriges, großartiges Pontifikat. Benedikt XVI. bedankte sich seinerseits - auf Englisch - für das Gebet der Gläubigen, für ihre Liebe zur Kirche, zu den Armen «und auch zum Nachfolger des Apostels Petrus». Dieser sei ein Mann mit Fehlern gewesen, habe sich dann aber als Felsen für die Kirche erwiesen.

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