DOMRADIO.DE: Es kommt ja regelmäßig vor, dass Ordensmänner Bischöfe werden. Was bedeutet es für einen Benediktiner, wenn er Bischof wird?
Pater Prof. Dr. Dr. Noach Heckel OSB (Lehrstuhl für Kirchenrecht an der Theologischen Fakultät Trier und Benediktinerpater): Er bleibt selbstverständlich weiterhin Mitglied seines Ordens. Die Verpflichtung zum Gehorsam besteht dann allerdings nicht mehr seinem Abt, sondern nur noch dem Papst gegenüber entsprechend seiner Aufgabe als Diözesanbischof.

DOMRADIO.DE: Nun ist Gregor Maria Hanke als Bischof von Eichstätt zurückgetreten. Er möchte auch die bischöflichen Insignien ablegen. Geht das so einfach? Bischof bleibt er doch.
Heckel: Das stimmt, Bischof bleibt er. Das Kirchenrecht bezeichnet den Diözesanbischof, dessen Rücktrittsgesuch oder dessen Amtsverzicht angenommen wurde, als Bischof emeritus. Übrigens ist das eine Neuerung: In der alten Kirche hatte man eher das Verständnis, dass ein Bischof immer auf Lebenszeit Bischof ist. Er war sozusagen mit seiner Diözese verheiratet. Der Bischofsring wurde teilweise als sein Ehering angesehen.
Diese strenge Bindung an die Diözese haben wir heute nicht mehr. Aber auch ein Bischof emeritus ist weiterhin Bischof, denn das Sakrament der Bischofsweihe ist unauslöschlich. Auch rechtliche, geistliche und emotionale Bindungen gegenüber seiner Diözese bleiben erhalten, auch wenn die Leitungsgewalt des Bischofs über die Diözese mit der Annahme des Verzichtes endet. Er hat das Recht, die bischöflichen Insignien weiterhin zu tragen. Aber er muss es nicht. Er kann auch wie ein Ordensmann gekleidet auftreten.
DOMRADIO.DE: Wie muss man sich das vorstellen, wenn ein emeritierter Bischof wie Gregor Hanke in eine Klostergemeinschaft zurückkehrt? Wie ist da sein Status gegenüber dem Abt?
Heckel: Pater Gregor ist ja Mönch der Benediktinerabtei Plankstetten, das bleibt er auch und er hat meines Wissens enge Verbindungen zu seiner Gemeinschaft. Es ging Pater Gregor auch nicht darum, das Sakrament der Bischofsweihe irgendwie in Abrede zu stellen. Das war überhaupt nicht sein Punkt.

Aber wenn man in der Seelsorge arbeitet, kann es manchmal auch ein Hindernis sein und eine Distanz erzeugen, wenn man mit all den bischöflichen Insignien auftritt. Es ist manchmal leichter, als einfacher Pater mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Darum möchte er vermutlich künftig als Pater Gregor seinen Dienst ausüben.
DOMRADIO.DE: Pater Gregor wird vermutlich nach einiger Zeit in der Seelsorge in seine Abtei zurückkehren. Wie muss man sich das vorstellen?
Heckel: Dann ist er weiterhin ganz normaler Mönch der Abtei. Wir Missionsbenediktiner haben zum Beispiel in unserem Eigenrecht eine eigene Regelung für den Fall, dass ein Abt von seinem Amt zurücktritt. Ein solcher emeritierter Abt hat weiterhin die Rechte und auch die Pflichten eines Professmönches, und untersteht seinem Oberen. So ähnlich kann man sich das auch für den Fall vorstellen, dass ein emeritierter Bischof in seine Gemeinschaft zurückkehrt.
Er hat weiterhin natürlich die besonderen Rechte und Pflichten, die ein Bischof hat. Aber das betrifft jetzt weniger das Gemeinschaftsleben. In der Praxis wird es in einem solchen Fall ein Gespräch geben zwischen dem Abt und dem emeritierten Bischof. Auch darüber, wo künftig sein Platz auf der Statio ist, also dort, wo sich die Mönche im Kreuzgang vor dem Einzug in die Kirche aufstellen.
Ob er etwa hinter dem Abt in die Kirche einzieht oder an dem Platz, den der heilige Benedikt grundsätzlich für die Rangfolge der Mönche vorsieht. Für den heiligen Benedikt ist der Eintrittszeitpunkt entscheidend für die Rangfolge der Mönche.
DOMRADIO.DE: Wenn ein Bischof anwesend ist, steht er ja normalerweise der Eucharistiefeier vor. Wie wäre denn da eine Regelung möglich, wenn dann Pater Gregor mit seinen Mitbrüdern eine Messe feiert? Wäre denkbar, dass trotzdem der Abt der Messe vorsteht?

Heckel: Es gibt auch in Plankstetten die Konzelebration. Da müsste der Bischof em. nicht immer der Eucharistie vorstehen. Dass der Bischof den Vorsteherdienst in der Liturgie innehat, betrifft ja in erster Linie den Diözesanbischof als Leiter und Wächter der Liturgie in der Diözese. Diese Rolle hat ein Bischof em. ja nicht mehr inne. Das ist also kein wirkliches Problem.
Ich vermute, Pater Gregor wird sich ganz normal einreihen und wie die anderen auch die entsprechenden Wochendienste für die Liturgie übernehmen. Häufig wird ein emeritierter Bischof auch gebeten, die Sakramente wie die Firmung zu spenden. Das steht ihm dann auch frei. Pater Gregor sagt, dann würde er auch zur Verfügung stehen. So habe ich ihn verstanden.
Das Interview führte Mathias Peter.