Eichstätter Bischof Hanke tritt zurück

Rückkehr in die Seelsorge als Herzensanliegen

Papst Franziskus hat noch vor seinem Tod ein Rücktrittsgesuch des Eichstätter Bischofs Gregor Maria Hanke für einen damals noch nicht terminierten Zeitpunkt angenommen. Das gaben Vatikan und Bistum am Pfingstsonntag zeitgleich bekannt.

Autor/in:
Christoph Renzikowski und Hannah Krewer
Papst Franziskus begrüßt Gregor Maria Hanke im Jahr 2022 / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus begrüßt Gregor Maria Hanke im Jahr 2022 / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

In einer ersten Stellungnahme des Bistums zum Rücktritt heißt es, Hanke wolle in die Seelsorge zurückkehren. "Dieser Schritt, der aus einem tiefen geistlichen Ringen hervorging, ist getragen von der Sehnsucht, wieder unmittelbarer für die Menschen da zu sein - als Priester und geistlicher Begleiter, nicht mehr als Entscheidungsträger im Vordergrund", so der bisherige Bischof. Angeregt durch Impulse des verstorbenen Papstes Franziskus wolle er wieder mehr am "Herzschlag der Kirche" teilnehmen.

Nach vielen Herausforderungen und Krisen spüre er eine "innere Ermüdung", sagte Hanke zu seinem Rücktrittsgesuch. Besonders erschütternd seien für ihn die Gespräche mit Betroffenen sexualisierter Gewalt gewesen: "Manches in mir hat sich dadurch verändert." Als einfacher Pater Gregor wolle er in Zukunft in einem Pastoralraum außerhalb des Bistums direkt mit Menschen arbeiten, sie in Glaubensfragen begleiten und auf die Sakramente vorbereiten. Seine bischöflichen Insignien wird er demnach ablegen, als bewusste Entscheidung für Bescheidenheit und Nähe zur Basis - obwohl die Bischofsweihe nach katholischem Verständnis unaufhebbar ist.

Hanke dankte den Mitarbeitenden im Bistum Eichstätt: "Ohne die immer wieder erfahrene Unterstützung vieler um mich herum und im Bistum hätte ich diesen Dienst nicht tun können", schreibt er. Zugleich bat er um Verzeihung, wo er Erwartungen nicht erfüllt oder Menschen verletzt haben könnte.

Die offizielle Verabschiedung erfolgt bei einem Festgottesdienst und der Vesper am Willibaldsonntag (6. Juli) mit einer Begegnung nach den liturgischen Feiern. Eine große Verabschiedung wird es auf Wunsch Hankes nicht geben: Für die Ortskirche von Eichstätt sei viel mehr der Blick in die Zukunft wichtig.

Ein Portrait

Franz Maria Hanke war nicht nur einmal spät dran: Nach dem Theologiestudium wurde der Mittelfranke zunächst Religionslehrer. Dann trat er bei den Benediktinern in Plankstetten ein und nahm den Vornamen Gregor an; bei der Priesterweihe war er 29.

Für seine 2004 vollendete Doktorarbeit ließ er sich zwölf Jahre Zeit.

Und auch bei der Neuorganisation der Vermögensverwaltung im Bistum Eichstätt hätte er, wie er selber einräumt, früher durchgreifen müssen - manche forderten schon 2018 seinen Rücktritt. Nun ist er erfolgt - denn Hanke möchte zurück in die Seelsorge, wie es hieß. Im vergangenen Jahr feierte er seinen 70. Geburtstag.

Bischof Gregor Maria Hanke / © Simon Koy (KNA)
Bischof Gregor Maria Hanke / © Simon Koy ( KNA )

Seine Vita besteht bislang aus zwei Teilen - mit der Bischofsweihe am 2. Dezember 2006 als Zäsur. Die machte den damals 52-Jährigen zum jüngsten Mitglied des deutschen Episkopats. Dafür musste der schlanke Vollbartträger sein erstes Leben, 25 Jahre in einem beschaulichen Kloster, hinter sich lassen - auch wenn er noch oft den schlichten schwarzen Habit trägt. 13 Jahre war er Abt in Plankstetten und forcierte die ökologische Umstellung zu einem Bio-Kloster mit bundesweiter Ausstrahlung.

Klimaneutrales Bistum angestrebt

Unter Hanke verfolgte das Bistum Eichstätt das Ziel, bis 2035 klimaneutral zu werden; 2013 startete eine umfassende Klimaoffensive.

Zudem betonte Hanke, dass Klimaschutz und Armutsbekämpfung zusammengehören und forderte eine neue Haltung des Miteinanders im Geist des Evangeliums. Er achtet auch persönlich auf umweltfreundliches Verhalten.

Doch das Bischofsamt war für Hanke alles andere als ein Traumjob.

Schon kurz nach seiner Weihe war er zum ersten Mal als Krisenmanager gefragt. An der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) suspendierte er 2008 den Rektor und ließ externe Prüfer die Verwaltungsakten unter die Lupe nehmen. Nicht ohne Grund: Als sich die Führungskrise an der KU auswuchs, sorgte er dafür, dass seine bayerischen Mitbrüder mit im Boot blieben und schließlich Kardinal Reinhard Marx als Vorsitzender der Freisinger Bischofskonferenz die einzige katholische Universität im deutschen Sprachraum zur Chefsache machte.

Finanzthemen bleiben prägend

Böse Überraschungen erlebte Hanke indes, als er sich der bistumsinternen Vermögensverwaltung zuwandte: Im Eichstätter Finanzskandal ermittelte die Staatsanwaltschaft. Auslöser war eine Transparenzoffensive Hankes. Der frühere stellvertretende Finanzdirektor des Bistums hatte demnach zusammen mit Projektentwicklern und einem Mittelsmann rund 60 Millionen US-Dollar in meist ungesicherte Darlehen in den USA investiert. Diese gingen an Projektgesellschaften in der US-Immobilien-Entwicklung.

Gregor Maria Hanke / © Markus Nowak (KNA)
Gregor Maria Hanke / © Markus Nowak ( KNA )

Hanke hatte dies Anfang 2018 öffentlich gemacht, nachdem er im Vorjahr Anzeige erstattet hatte. Das Landgericht München 2 hat mittlerweile Anklage gegen den früheren stellvertretenden Finanzdirektor, den Mittelsmann und eine weitere Person erhoben, unter anderem wegen Untreue und Bestechlichkeit. Einen Verhandlungstermin gibt es bis heute nicht; Vorermittlungen gegen Bischof Hanke wurden im Juni 2020 eingestellt.

Doch Finanzen beschäftigten das Bistum weiterhin: 2023 lehnte der Diözesansteuerausschuss den vorgelegten Wirtschaftsplan ab. Daraufhin kündigte das Bistum an, seine fünf allgemeinbildenden Schulen und seine Kirchenzeitung aus Spargründen aufzugeben. Nach Kritik kam dann die Kehrtwende: Das Bistum behält die Trägerschaft für vier der Schulen doch. Mittlerweile ist klar, dass eine Mädchenrealschule in Abenberg 2030 schließen wird. Die Kirchenzeitung erscheint seit Ostern 2024 in einer Kooperation mit anderen Bistümern.

Mitbestimmung ja - aber wie?

Dem Reformprozess "Synodaler Weg" stand Hanke bis zuletzt kritisch gegenüber. Gemeinsam mit seinen Amtskollegen aus Köln, Regensburg und Passau hatte er eine Teilnahme am Synodalen Ausschuss, der ein Gremium für die katholische Kirche in Deutschland vorbereiten sollte, abgelehnt. Die vier Bischöfe verwiesen mehrfach auf Kritik hochrangiger Vatikan-Vertreter an der Gründung eines Leitungsgremiums auf Bundesebene, in dem das gemeinsame Beraten und Entscheiden von Bischöfen und Laien verstetigt werden soll.

Bischof Gregor Maria Hanke / © Julia Steinbrecht (KNA)
Bischof Gregor Maria Hanke / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Trotzdem wollte Bischof Hanke in Eichstätt mehr Mitbestimmung ermöglichen. Zuletzt hieß es, das Bistum prüfe, ob Laien aus dem Diözesanrat auch im wichtigen Finanzausschuss mitentscheiden dürfen - ohne neue Gremien zu schaffen. Der Eichstätter Diözesanratsvorsitzende Christian Gärtner schlug in diesem Zuge das sogenannte Rottenburger Modell vor, bei dem Kirchenverwaltung und Pfarrgemeinderat, Diözesanrat und Steuerausschuss zusammengelegt würden. Was nun aus diesen Prozessen wird, bleibt nach dem Rücktritt Hankes abzuwarten.

Nun wird nach den Regeln des bayerischen Konkordats ein neuer Hirte für das Bistum Eichstätt gesucht. Dieser Vertrag zwischen Bayern und dem Heiligen Stuhl sieht vor, dass der Papst Bischöfe im Freistaat frei ernennen kann.

Bistum Eichstätt

Das katholische Bistum Eichstätt erstreckt sich auf einer Fläche von 6.025 Quadratkilometern. In vseinen 271 Pfarrgemeinden leben aktuell rund 342.000 Katholikinnen und Katholiken, das sind gut ein Drittel der Gesamtbevölkerung im Bistumsgebiet. 

Die historischen Wurzeln des Bistums reichen bis ins 8. Jahrhundert zurück. 740 wurde Willibald († 787), ein angelsächsischer Mönch, von Bonifatius in Eichstätt zum Priester und 741 in Sülzenbrücken bei Erfurt zum Bischof geweiht. Bischofsweihe und endgültige Niederlassung in Eichstätt markieren die Anfänge des Bistums.

Eichstätter Dom / © Armin Weigel (dpa)
Eichstätter Dom / © Armin Weigel ( dpa )
Quelle:
KNA