Beim sogenannten Kirchenasyl nehmen Gemeinden oder Ordensgemeinschaften Asylbewerber auf, die von Abschiebung bedroht sind. Zuletzt häuften sich die Fälle wegen steigender Flüchtlingszahlen. Einen ähnlichen Anstieg hatte es in den 1990er Jahren gegeben, vor allem seit der Eingrenzung des Asylrechts im Jahr 1993.
Schon aus dem vierten Jahrhundert ist bekannt, dass Flüchtlinge in Kirchen Schutz suchten. Mit der Entwicklung rechtsstaatlicher Systeme verlor das Kirchenasyl an Bedeutung und wurde im 18. und 19. Jahrhundert in den meisten Ländern abgeschafft. Kirchlicherseits gibt es seit dem neuen Kirchenrecht 1983 offiziell kein Kirchenasyl mehr.
Wer heute in der Bundesrepublik Kirchenasyl gewährt, verstößt nach einhelliger Rechtsauffassung gegen geltendes Recht. Die Behörden können rein rechtlich Flüchtlinge aus Gemeinderäumen und Kirchen holen lassen. Dennoch bezeichnen die Kirchen in Deutschland das Kirchenasyl als "Beitrag zum Erhalt des Rechtsfriedens und der Grundwerte unserer Gesellschaft".
Eine im August 2015 veröffentlichte Handreichung der katholischen Bischöfe spricht vom Kirchenasyl als letzter Möglichkeit ("ultima ratio") und mahnt zu einem sehr sorgfältigen Umgang mit diesem "kostbaren Gut". Es handle sich um eine "Form des gewaltlosen zivilen Ungehorsams", heißt es in dem Papier.
Im vergangenen Jahr einigten sich Kirchen und Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) auf eine neue Form der Zusammenarbeit bei Fällen von Kirchenasyl. Dabei sollen Kirchenvertreter die Möglichkeit bekommen, Einzelfälle erneut vom Bundesamt überprüfen zu lassen - im Idealfall, noch bevor die betroffenen Personen ins Kirchenasyl aufgenommen werden.
Nach Angaben der ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft "Asyl in der Kirche" befanden sich mit Stand Ende Juli 473 Menschen im Kirchenasyl, darunter etwa 110 Kinder. (KNA/Stand 24.08.16)