Der Bundestag debattiert eine schärfere Migrationspolitik

Kirchen und Bundesregierung auf Konfrontationskurs?

Die neue Bundesregierung strebt eine andere Politik in der Migration an – das ist auch Gegenstand in der anstehenden Sitzungswoche des Deutschen Bundestages. Journalistin Brigit Wilke zeigt die Konfliktlinien zu den Kirchen auf.

Archiv: Blick in den Plenarsaal im Deutschen Bundestag  / © Michael Kappeler (dpa)
Archiv: Blick in den Plenarsaal im Deutschen Bundestag / © Michael Kappeler ( dpa )

DOMRADIO.DE: Berlin erwartet eine spannende Woche, denn es ist tatsächlich nach der Bundestagswahl die erste Sitzungswoche? 

Birgit Wilke (Leiterin Hauptstadtbüro der Katholischen Nachrichten-Agentur Berlin): Das ist nach der Bundestagswahl die erste Sitzungswoche, die sehr voll ist und in der weitere Gesetze der Bundesregierung verabschiedet werden. Dazu gibt es Empfänge einiger Fraktionen, aber auch von Caritas und evangelischer Kirche, bei denen Politik und Zivilgesellschaft zusammenkommen. 

DOMRADIO.DE: Um welche Gesetze geht es? 

Wilke: Im Mittelpunkt stehen erneut Gesetze, die das Thema Migration betreffen. So entscheidet der Bundestag am Freitag über ein Gesetz, durch das der Familiennachzug für sogenannten subsidiäre Schutzbedürftige Flüchtlinge - also für Flüchtlinge, die nur geduldet werden, aber keinen Asylstatus haben - für zwei Jahre ausgesetzt werden soll. Darauf hatten sich Union und SPD schon in ihrem Koalitionsvertrag verständigt. Das läuft auch unter der Überschrift "Schärfere Migrationspolitik", die sich vor allem Innenminister Dobrindt auf die Fahnen geschrieben hat. Und dann steht noch die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts an. 

DOMRADIO.DE: Das wurde ja eigentlich erst in der vergangenen Legislaturperiode verändert und eine sogenannte Turbo Einbürgerung eingeführt…

Wilke: Ja, genau! Und da geht es jetzt wieder einen Schritt zurück. Diese schnelle Einbürgerung soll wieder zurückgenommen werden. Neben der AfD hatte dieser Schritt einer schnellen Einbürgerung – unter allerdings hohen Auflagen – vielen Unionspolitikern nicht gepasst. Auch das steht wieder unter dem Zeichen einer verschärften Migrationspolitik.

DOMRADIO.DE: Wie sehen das die Kirchen? Ich denke da auch an den Januar zurück, als ein Papier der beiden Leiter des katholischen und evangelischen Büros für Aufregung sorgte. Das Schreiben sprach sich gegen Vorstöße der Union für einen härteren Migrationskurs aus. 

Wilke: Beide Kirchen sehen die Entwicklungen sehr kritisch und halten Gesetzentwürfe für nicht zielführend. Bei der Abschaffung der Turbo Einbürgerung sind die Auflagen ohnehin so hoch, dass nur sehr wenige Menschen davon profitiert haben. Und der Familiennachzug ist jetzt schon eingeschränkt, es dürfen nicht mehr als 1.000 Familienangehörige pro Monat kommen, also 12.000 pro Jahr. Und es dürfen nur sehr enge Angehörige sein. 

DOMRADIO.DE: Eine andere Maßnahme des neuen Innenministers ist ja auch die Zurückweisung an den Grenzen. Dagegen hatten ja drei Somalier vor dem Berliner Verwaltungsgericht geklagt. Gibt es da Neuigkeiten? 

Wilke: Nein, nicht wirklich. Das sei eine Einzelfallentscheidung, so das Innenministerium. Erst wenn mehrere Gerichte zum dem gleichen Urteil kommen und auch eine höhere Instanz entsprechend entscheidet, müsse gehandelt werden. Kritiker sehen auch das anders und lehnen Zurückweisungen ab. Inzwischen hat sich der evangelische Flüchtlingsbischof Stäblein mit den Somaliern getroffen, sie sind, so sagte er, offenbar in Berlin in einer kirchlichen Einrichtung, aber nicht im Kirchenasyl. 

DOMRADIO.DE: Wie blickt die Politik auf das Agieren des Bischofs? 

Wilke: Der Innenminister wird das genau beobachten. Begeistert wird er nicht sein von der Begegnung. Und mit Blick auf das Kirchenasyl: Da steigen die Zahlen seit ein paar Jahren, auch das beäugt die Politik kritisch, zumal die Asylbewerberzahlen zurückgehen.  Viele Gemeinden nehmen auch Dublin Flüchtlinge auf, also Flüchtlinge, für die eigentlich ein anderer sicherer Drittstaat zuständig. Es kann also gut sein, dass sich Innenminister Dobrindt wie vor einigen Jahren der damalige Innenminister de Maiziere noch mal mit den Kirchen zusammensetzt und die Bedingungen für eine Aufnahme in ein Kirchenasyl überprüfen will.

Das Interview führte Tobias Fricke.

 


 
 

 

Quelle:
DR

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