Warum engagieren sich Christen für Ausgegrenzte?

Gottes Herz für die Armen

"An die Ränder" zu gehen war eine der zentralen Botschaften von Papst Franziskus. Christen begründen ihr Engagement für Arme und Obdachlose mit Ihrem Glauben. Aber warum eigentlich? Einige Gedanken von Engagierten.

Weihbischof Puff singt gemeinsam mit Lothar, der immer bei den Messen im Gubbio mit dabei ist.  / © Beatrice Tomasetti (DR)
Weihbischof Puff singt gemeinsam mit Lothar, der immer bei den Messen im Gubbio mit dabei ist. / © Beatrice Tomasetti ( DR )
Podium beim Glaubensfest "kommt und seht" (DR)
Podium beim Glaubensfest "kommt und seht" / ( DR )

Auf der Glaubenskonferenz "kommt & seht" in Köln sprechen dieses Wochenende viele Menschen über ihren Glauben, ihre persönliche Beziehung zu Christus durch die Eucharistie. Das sei aber keine Beziehung, die man nur in Kirche und im Gebet leben kann, sondern das drücke sich auch im ganz praktischen sozialen Engagement für Benachteiligte aus. Darüber haben während der Konferenz selbst engagierte Menschen auf einem Podium diskutiert. 

Die Ordensschwester Christina Klein und der Kölner Weihbischof Ansgar Puff sind beide in der Obdachlosenseelsorge aktiv und oft im "Gubbio" zu finden, der Anlaufstelle für Obdachlose, die die Kirche in der Kölner Innenstadt eingerichtet hat. Gerade auf die Ordensschwester werde hier sehr positiv reagiert. "Die Menschen sehen schon an meiner Präsenz als Ordensfrau, dass Gott sie sieht und nicht vergessen hat“, sagt die Franziskanerin Christina. Weihbischof Puff kann das bestätigen und ist selbst sehr beeindruckt von den Glaubenszeugnissen der Gäste im Gubbio. "Dort haben wir Dinge gefunden, die es in keiner Gemeinde gibt." Besonders bewegt ist er von den Eucharistiefeiern, bei denen das Evangelium im Dialog mit den Gästen ausgelegt wird. "Ein gemeinsames Entdecken, was uns das Wort sagen möchte." Das gefalle ihm sehr. 

Der Glaube der Menschen am Rande

Schwester Christina gehört zum Seelsorgeteam des "Gubbio" / © Beatrice Tomasetti (DR)
Schwester Christina gehört zum Seelsorgeteam des "Gubbio" / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Überhaupt seien obdachlose Menschen viel schneller dabei, über ihr Leben aber auch über ihren Glauben zu sprechen, berichtet Schwester Christina. Zwei Tage die Woche ist die Kirche im Gubbio für Gäste geöffnet, drei Tage geht sie selber raus auf die Straße, um die Menschen anzusprechen, die nicht in ihre Anlaufstelle finden. Gerade Frauen hätten die Ansprache sehr nötig, sagt sie. "Vielen ist es wichtig, sich auch auf der Straße äußerlich zu pflegen, deshalb erkennt man sie oft gar nicht direkt als wohnungslos. Das merkt man dann daran, dass sie Tag für Tag mit einem Koffer an der gleichen Straßenecke stehen."

Weihbischof Puff, der als Bischofsvikar auch offiziell für das Engagement für die Armen und die Caritas zuständig ist, zeigt sich sehr beeindruckt von der Resilienz und dem Willen durchzuhalten, den viele Obdachlose an den Tag legen. "Ich weiß nicht, ob ich mich als Obdachloser nicht selbst viel schneller aufgegeben hätte."

Glaube und Engagement

Das Engagement für die Armen ziehen beide aus ihrer persönlichen Beziehung zu Christus. "Ich denke viel an den brennenden Dornbusch" sagt Ansgar Puff. "Da zeigt Gott das erste Mal sein Herz: Ich bin da, ich sehe dein Leid – und jetzt ändere etwas!" Genau das müssten Christen eben auch heute tun um ihren Glauben zu leben, so Puff. 

Michaela Fikus stimmt dem zu. Sie leitet die Gemeinschaft Fazenda da Esperanza in Hellefeld. Dort teilt sie ihren Lebensalltag mit jungen Frauen, die keine Perspektive in ihrem Leben sehen. "Gott lässt sich berühren von diesem Schmerz und dieser Not - und so möchte er auch unser Herz berühren." 

Leben retten statt Bürokratie

Mark Oette, ehemaliger Chefarzt am Krankenhaus der Augustinerinnen, hat die medizinische Hilfe für Wohnungslose ohne Krankenschein begründet. Politik und Bürokratie seien nichts für den bekennenden Katholiken. "Bevor ich damit eine Stunde zubringe, rette ich in der Zeit lieber zwei Menschen das Leben." Ein Engagement, das er auch aus seinem Glauben und seiner persönlichen Christusbeziehung begründet. Heute betreut er in Köln-Mülheim das Projekt Caya, das die medizinische Versorgung Wohnungsloser sicherstellt. "Die Gesellschaft denkt Obdachlose stören, die Abhängigen müssen weg. Wir als Christen müssen dieses Leid anders wahrnehmen – und dann auch handeln."

Eine Erkenntnis, die auch Weihbischof Ansgar Puff noch mal ganz persönlich verinnerlicht hat, und zwar im Jahr 2021. Nachdem im Erzbistum Köln ein Gutachten zum Umgang mit sexualisierter Gewalt veröffentlicht wurde, hat er ein halbes Jahr seine Funktionen niederlegt und ist neben seiner Arbeit für Obdachlose auch als Seelsorger ins Altenheim gegangen. "Ich habe in dieser Zeit vor allem gelernt, dass die Person wichtiger ist als die Funktion.“ Im Altenheim seien sehr viele früher wichtige Leute gewesen, in der Zeit zum Ende des Lebens interessiere aber niemanden mehr, wer mal Chef oder Promi war. "Dann steht nur noch die Person im Fokus – genau wie für Jesus Christus."

 

Quelle:
DR

Die domradio- und Medienstiftung

Unterstützen Sie lebendigen katholischen Journalismus!

Mit Ihrer Spende können wir christlichen Werten eine Stimme geben, damit sie auch in einer säkulareren Gesellschaft gehört werden können. Neben journalistischen Projekten fördern wir Gottesdienstübertragungen und bauen über unsere Kanäle eine christliche Community auf. Unterstützen Sie DOMRADIO.DE und helfen Sie uns, hochwertigen und lebendigen katholischen Journalismus für alle zugänglich zu machen!

Hier geht es zur Stiftung!