DOMRADIO.DE: Wie steht es um die geistlichen Berufungen? Muss man da so schwarzmalen?

Pfarrer Regamy Thillainathan (Regens und Direktor des Erzbischöflichen Priesterseminars Köln, Sekretär der rogamus-Gemeinschaft): Schwarzmalen vielleicht nicht, aber es ist doch erschreckend, dass die Zahlen bundesweit zurückgehen. Wir sehen mit Sorge der Zeit entgegen, in der die geburtenstarken Jahrgänge in Ruhestand gehen. Das zeigt sich schon jetzt in unseren Gemeinden.
Ich bin aber trotzdem fest davon überzeugt, dass der Herr weiterhin Menschen ruft, seine Botschaft zu verkünden, den Armen beizustehen und dort zu dienen, wo sie gerufen sind. Diese Menschen gibt es.
DOMRADIO.DE: Und Sie wollen diesen Menschen helfen, diesen Ruf zu hören. Ich frage das mal ganz naiv und materialistisch: Hilft da Beten?
Thillainathan: Ich bin fest davon überzeugt, dass unser Gebet so etwas wie eine Brücke ist, die wir zwischen Gott und dieser Welt schlagen. Beten öffnet einen Kanal und hält diesen Kanal offen.
Gleichzeitig zeigen wir mit unserem Gebet, dass wir fest daran glauben und darauf bauen, dass der Herr weiterhin diese Kirche leitet und führt. Und dass er uns zu seiner Zeit die Menschen schenkt, die wir brauchen, damit wir uns auf einem gemeinsamen Weg bewegen und befinden.
DOMRADIO.DE: Man kann alleine beten. Man kann zu Hause beten. Es ist aber schon etwas Besonderes, das Gebet in der Gemeinschaft zu erleben.
Thillainathan: Wenn ich in Gemeinschaft bete, zeige ich mit meinem Gebet, dass ich mich persönlich für diese Berufung einsetzen will. Vielleicht kann das einen Zeugnischarakter haben, sodass Menschen, die gar nicht darüber nachgedacht haben, um Berufungen zu beten oder sich mit der Frage der Berufung auseinanderzusetzen, erst überhaupt auf die Idee kommen, sich dieser Frage zu stellen.
DOMRADIO.DE: Den von der rogamus-Gebetgemeinschaft organisierten Weltgebetstag im Erzbistum Köln gibt es schon seit 1999, also seit 25 Jahren. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht? Wie ist die Resonanz?
Thillainathan: Junge Menschen haben mir in den letzten Jahren berichtet, dass sie davon angerührt waren, dass in ihrer Gemeinde um Berufungen gebetet worden ist. Oder, dass sie plötzlich auf diese Berufungsfrage gestoßen sind, weil im Gottesdienst besonders um Berufungen gebetet wurde und das Thema in Fürbitten und Predigt aufgegriffen wurde. Das sind kleine, einfache und selbstverständliche Elemente, die dazu geführt haben, dass ein Denkprozess eingesetzt hat.
DOMRADIO.DE: Im Erzbistum Köln steht der Weltgebetstag in diesem Jahr unter dem Leitwort "Was er euch sagt, das tut." Was ist damit gemeint? Was kann uns dieses Bibelwort sagen?
Thillainathan: Wenn wir auf die Muttergottes schauen und auf diese Bibelstelle, wo sie zur Hochzeit zu Kana den Dienern genau das sagt, "Was er euch sagt, das tut", dann bedeutet das letztendlich nichts anderes als: Hört auf meinen Sohn. Hört auf Jesus. Vertraut ihm und tut, was er euch sagt. Das ist eine kleine, aber doch herausfordernde Botschaft. Es beginnt mit Hören und das bedeutet Gebet.
DOMRADIO.DE: Geduld muss man auch haben. Das geht oft nicht schnell. Man kann auch beten und zuerst hört man unter Umständen gar nichts.
Thillainathan: Ja, und die Stimme wird auch nicht immer direkt als die Stimme Gottes herauszuhören sein. Deswegen bin ich auch dem verstorbenen Papst Franziskus unendlich dankbar, dass er dieses Wort der "Unterscheidung der Geister" in unserer Kirche stark gemacht hat. Gottes Stimme im Leben entdecken gelingt nur da, wo ich mich in so einen Prozess der Unterscheidung der Geister hineinbewege.
DOMRADIO.DE: Der verstorbene Papst Franziskus war Ehrenmitglied von rogamus. Sie konnten ihn aufnehmen in die Gebetsgemeinschaft. Das ist schon was Besonderes.
Thillainathan: Das ist auf jeden Fall etwas Besonderes. Wir sind damals nach Rom gereist, um ihm unsere Gemeinschaft für die Förderung der Berufungen vorzustellen. Nachdem ich ihm das alles vorgestellt habe, fragte er mich, was er tun müsse, damit er selbst Mitglied wird und dass man auch für ihn bete.

Ich habe ihm gesagt, dass es selbstverständlich ist, dass wir für ihn beten, aber er könne gern Mitglied werden. Ich habe ihm auch die Flyer mitgebracht, um das ein bisschen vorzustellen. Dann hat er das unterschrieben. Wir sind sehr dankbar und haben jetzt auch bei uns im Büro die Beitrittskarte von Papst Franziskus eingerahmt.
Natürlich hoffen wir, dass auch der neue Papst Leo XIV. Mitglied unserer Gebetgemeinschaft wird und uns dabei unterstützt, Berufungen zu fördern.
DOMRADIO.DE: Was findet beim Weltgebetstag im Erzbistum Köln statt? Welche Veranstaltungen werden angeboten?
Thillainathan: In verschiedenen Gemeinden unseres Erzbistums werden in diesen Tagen besondere Gebetsstunden für Berufungen stattfinden. Wir sind sehr dankbar, dass sich viele Gemeinden bereit erklärt haben, daran teilzunehmen. Das Thema wird auch in den Gottesdiensten und in den Predigten aufgegriffen.
In verschiedenen Gemeinden werden unter anderem auch die Seminaristen unseres Priesterseminars vor Ort sein und Zeugnis von ihrer eigenen Berufungsgeschichte geben. Sie erzählen wie Gott sie gepackt hat und wie sie Gott in ihrem Leben entdeckt haben.
Wir werden im Priesterseminar eine besondere Aktion haben. Außerdem haben wir mit den Dommessdienern zusammen am Sonntagabend um 18:30 Uhr in den Kölner Dom eingeladen. Dort werden wir als Priesterseminar die Messe feiern. Vor allem mit Messdienerinnen und Messdienern ab 16 Jahren. Vorher gibt es aber noch eine Begegnung im Priesterseminar, damit sie uns auch persönlich ein bisschen kennenlernen können.
Das Interview führte Johannes Schröer.