Ukrainischer Weihbischof warnt vor Gesprächen ohne Ukraine-Beteiligung

"Keinen Zwangsfrieden schließen"

Vor dem Treffen von US-Präsident Donald Trump mit Kreml-Chef Wladimir Putin kritisiert der ukrainische Weihbischof Wolodymyr Hruza die Gespräche ohne Beteiligung der Ukraine. Er hat zudem klare Erwartungen an den deutschen Kanzler.

Autor/in:
Heike Sicconi
Symbolbild Eine ukrainische Fahne auf einem zerstörten Gebäude / © Melnikov Dmitriy (shutterstock)
Symbolbild Eine ukrainische Fahne auf einem zerstörten Gebäude / © Melnikov Dmitriy ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Wie nehmen Sie es auf, dass sich ein amerikanischer Präsident mit einem Kriegspartner trifft – dem Aggressor –, während der Präsident des angegriffenen Landes nicht dabei ist?

Der ukrainische Weihbischof Wolodymyr Hruza / © Beatrice Tomasetti (DR)
Der ukrainische Weihbischof Wolodymyr Hruza / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Wolodymyr Hruza (Weihbischof im ukrainischen Lwiw/Lemberg): Jede Person ist souverän und frei zu entscheiden, mit wem sie sich trifft. Andererseits ist für uns jedes Gespräch und jede Begegnung eine Chance und eine Hoffnung. Wir leben seit mehr als drei Jahren in dieser Hoffnung. Ohne diese Hoffnung hätten wir keine Kraft, uns zu verteidigen, in der Erwartung, dass der Krieg eines Tages endet.

DOMRADIO.DE: Wie wichtig wäre es Ihnen, dass Präsident Selenskyj am Freitag doch noch dabei sein könnte?

Hruza: Es ist meiner Meinung nach unlogisch, wenn ohne die Ukraine über die Ukraine gesprochen wird. Das ist fraglich und schwierig. Man sollte präsent sein und mit am Tisch sitzen. Wir wissen bisher nicht, welche Themen dort besprochen werden – ob es konkret um die Ukraine geht und welche Verhandlungen geführt werden. Das ist für uns noch ein Geheimnis.

Weihbischof Wolodymyr Hruza

"Dass ein Gespräch stattfindet, ist schon gut, denn jedes Gespräch ist eine Chance."

DOMRADIO.DE: Kanzler Friedrich Merz hat an diesem Mittwoch zu einem virtuellen Ukraine-Treffen eingeladen. Bei dem Treffen mit US-Präsident Trump soll Präsident Selenskyj dabei sein. Ziel ist die Vorbereitung des Gipfels mit Kreml-Chef Putin am Freitag. Was erwarten Sie vom deutschen Bundeskanzler?

Hruza: Zuerst möchte ich dem deutschen Volk für seine Solidarität danken. Dass ein Gespräch stattfindet, ist schon gut, denn jedes Gespräch ist eine Chance. Wichtig ist aber, dass ein souveränes Land kein Objekt von Verhandlungen ist. Ebenso muss man klar zwischen Täter und Opfer unterscheiden. Beide kann man nicht auf die gleiche Ebene stellen.

Über Frieden zu verhandeln ist schwierig, wenn die Raketen weiterhin einschlagen. Mindestens ein Waffenstillstand ist nötig, um Gespräche überhaupt führen zu können.

DOMRADIO.DE: Es gibt widersprüchliche Aussagen, worum es am Freitag gehen soll. Teilweise ist von einem Gebietstausch die Rede, der für die Ukraine Gebietsverluste bedeuten würde. Wären Ukrainer dazu bereit, wenn es Frieden bringen könnte?

Weihbischof Wolodymyr Hruza

"Während wir sprechen, sind Menschen im Osten der Ukraine unter Beschuss – jetzt und heute."

Hruza: Man kann keinen Zwangsfrieden schließen. Wir wurden angegriffen. Ob es um Gebiete geht, ist für mich nicht sicher – vielleicht steckt auch die Frage des Imperialismus dahinter. Man könnte sagen: Wir geben Gebiete ab und der Krieg wird "eingefroren". Aber was würde das der Ukraine bringen? Wozu braucht Russland diese Gebiete, wenn es selbst genug hat?

Ich bin kein Politiker. Wir Seelsorger haben die Aufgabe, unsere Menschen zu unterstützen und die Wunden des Krieges jeden Tag zu heilen. Doch während wir sprechen, sind Menschen im Osten der Ukraine unter Beschuss – jetzt und heute.

DOMRADIO.DE: Sie sind Seelsorger. Hoffnung zu haben und Hoffnung zu geben, gehört zu Ihrer Aufgabe. Wie hoch sind Ihre Erwartungen für Freitag?

Hruza: Am Freitag feiern wir das Hochfest Mariä Himmelfahrt. Gerade an diesem Tag beten und flehen wir zur Gottesmutter, dass sie uns schützt und diese Prozesse im Sinne unseres christlichen Glaubens begleitet.

Das Interview führte Heike Sicconi.

Dobrindt will arbeitslose Ukrainer zurückschicken

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt fordert die Ausweisung von arbeitslosen Flüchtlingen aus der Ukraine. Mehr als zwei Jahre nach Kriegsbeginn müsse der Grundsatz gelten: "Arbeitsaufnahme in Deutschland oder Rückkehr in sichere Gebiete der West-Ukraine", sagte Dobrindt der "Bild am Sonntag".

Alexander Dobrindt / © Andreas Gebert (dpa)
Alexander Dobrindt / © Andreas Gebert ( dpa )
Quelle:
DR

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