Emmaus Köln organisiert Hilfstransporte nach Polen und die Ukraine

"Viele Kinder sind traumatisiert"

Ende August startet bei Emmaus in Köln ein 18-Tonner mit Hilfsgütern für die Ukraine. Über Polen gelangt die Lieferung bis nach Lviv. Warum die Not dort seit dem Krieg deutlich gewachsen ist, erklärt Willi Does von Emmaus Deutschland.

Autor/in:
Uta Vorbrodt
Symbolbild Hilfsgüter für die Ukraine / © Julia Steinbrecht (KNA)
Symbolbild Hilfsgüter für die Ukraine / © Julia Steinbrecht ( KNA )

DOMRADIO.DE: Ende August startet vom Gelände der Emmaus-Gemeinschaft in Köln ein 18-Tonner. Ein Lkw voll mit Hilfsgütern, die Sie ab sofort sammeln. Wohin geht die Lieferung?

Willi Does (Vorstand von Emmaus Deutschland und Emmaus Köln): Dieser Lkw kommt aus Polen, wird hier beladen und fährt dann ins polnische Lublin zu Emmaus. Diese Gruppe kennen wir schon seit über 30 Jahren. Zwischen Emmaus Köln und Emmaus Lublin gibt es eine enge Kooperation.

DOMRADIO.DE: Das heißt, es ist eine Hilfslieferung für Polen?

Does: Vorrangig ist das eine Hilfslieferung für Emmaus in Lublin. Die organisieren Secondhand-Verkäufe, machen Behindertenarbeit – Sie haben viel Erfahrung, gerade in der Betreuung von Menschen mit Behinderung. Parallel dazu besteht ein intensiver Kontakt zu Emmaus in Lviv, also in Lemberg in der Ukraine. Diese Gemeinschaft dort gibt es seit etwa 25 Jahren.

Willi Does

"Die Gruppe dort bringt die benötigten Waren im kleinen Grenzverkehr weiter nach Lviv."

DOMRADIO.DE: Lviv ist spätestens seit dem russischen Angriff auf die Ukraine vor drei Jahren ein bekannter Name. Nun soll auch eine Emmaus-Hilfslieferung in die Ukraine gehen. Ist das die erste ihrer Art?

Does: Nein, wir kennen die Gruppe in Lviv schon über 20 Jahre. Früher konnten wir auch direkt dorthin liefern. Das war irgendwann nicht mehr möglich. Deshalb läuft es jetzt über Lublin. Die Gruppe dort bringt die benötigten Waren im kleinen Grenzverkehr weiter nach Lviv.

DOMRADIO.DE: Was hat sich seit dem Beginn des Krieges verändert? Was brauchen die Menschen in Lviv?

Does: Vielleicht vorweg: Lviv ist eine wunderschöne Stadt, die ich sehr gerne besucht habe. Sie hatte früher zwischen 800.000 und einer Million Einwohner – etwa so viele wie Köln. Seit Beginn des Krieges ist die Bevölkerung auf etwa 1,8 bis 1,9 Millionen gewachsen. Die meisten kommen aus dem Osten der Ukraine.

Willi Does

"Man braucht gezielt Decken, Medikamente, Verbandsmaterial – um Erkältungen, Verbrennungen und Verletzungen behandeln zu können."

Lviv hat ein massives Problem mit Binnengeflüchteten. Die Emmaus-Gruppe in Lviv, die früher 12 bis 15 ehemals obdachlose Menschen aufgenommen hat, betreut inzwischen über 30. Dazu kommt, dass sie eine größere Lokalität gefunden haben, wo sie ein sogenanntes 'Social Center' für Geflüchtete und Obdachlose eingerichtet haben. Da wird kein Unterschied gemacht. Man muss keinen Ausweis vorlegen. Wer arm ist, ist arm – egal ob jemand aus dem Osten der Ukraine kommt oder schon länger obdachlos ist.

DOMRADIO.DE: Was wird konkret gebraucht?

Does: Man braucht gezielt Decken, Medikamente, Verbandsmaterial, um Erkältungen, Verbrennungen und Verletzungen behandeln zu können. Außerdem wird dort Kinderbetreuung gemacht, weil viele Kinder traumatisiert sind. Deshalb packen wir auch Malstifte, Malblöcke, Ausmalbücher und Spielzeug ein. Also Dinge, die ukrainische Kinder wirklich benutzen können.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.

Christliche Kirchen in der Ukraine

Die kirchlichen Verhältnisse in der Ukraine sind komplex. Rund 70 Prozent der 45 Millionen Ukrainer bekennen sich zum orthodoxen Christentum. Sie gehören allerdings zwei verschiedenen Kirchen an: der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche (UOK) des Moskauer Patriarchats und der autokephalen (eigenständigen) Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU). Zudem gibt es eine römisch-katholische Minderheit mit rund einer Million Mitgliedern sowie die mit Rom verbundene (unierte) griechisch-katholische Kirche der Ukraine.

Das Heilige Feuer aus Jerusalem am 18. April 2020 im Kiewer Höhlenkloster Petscherska Lawra, Hauptsitz der ukrainisch-orthodoxen Kirche Moskauer Patriarchats. / © Sergey Korovayny (KNA)
Das Heilige Feuer aus Jerusalem am 18. April 2020 im Kiewer Höhlenkloster Petscherska Lawra, Hauptsitz der ukrainisch-orthodoxen Kirche Moskauer Patriarchats. / © Sergey Korovayny ( KNA )
Quelle:
DR

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