
DOMRADIO.DE: Von Waffenruhe und Friedensgesprächen ist man aktuell noch weit entfernt. Wie groß ist Ihre Hoffnung, dass die Gespräche in Istanbul erfolgreich sind?
Wolodymyr Hruza (Weihbischof der ukrainisch griechisch-katholischen Kirche in Lwiw): Jede Kommunikation und jede Mühe bringt Hoffnung. Wir müssen sprechen, denn nur im Dialog kann man Frieden erreichen. Wir hoffen stark, dass diese Gespräche ein Schritt in diese Richtung ist. Wir beten dafür und haben große Hoffnung, dass ein Umbruch in diesem Krieg stattfinden wird.
DOMRADIO.DE: Donald Trump behauptet, ohne ein Treffen zwischen ihm und Wladimir Putin werde es in Sachen Frieden keine Fortschritte geben. Das wirkt wie ein Dämpfer. Was sollen die Treffen, die gerade stattfinden, dann überhaupt bringen?
Hruza: Ich bin weder Politiker noch Kriegsexperte, aber jede Mühe ist gut und wir wissen nicht, was Gott vorhat. Der Mensch kann Pläne machen, aber Gott hat seine eigenen Pläne. Wir hoffen und beten, dass wir uns dem Frieden immer weiter annähern.
DOMRADIO.DE: Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt hat Papst Leo den Friedensgruß gesprochen, von dem er hoffte, er erreiche alle Völker und Menschen. Er hat damit gezeigt, dass ihm der Friede für alle Menschen ein wichtiges Anliegen ist. Was erhoffen Sie sich vom neuen Papst?
Hruza: Seit seiner Wahl hat er mehrere wichtige Botschaften vermittelt. Seine ersten Worte in der Öffentlichkeit lauteten: "Der Friede sei mit euch". Dann hat er in einer Audienz mit Vertretern der Ostkirchen gezeigt, dass sein Herz für den Osten, wo die Quellen des Christentums und der Spiritualität liegen, schlägt. Und er hat das Oberhaupt unserer Kirche, Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk, in einer Privataudienz empfangen. Es war eine der ersten Privataudienzen, in der über das Thema gesprochen wurde. Ein Zeichen der Hoffnung in dieser Kirche.
DOMRADIO.DE: In seinem ersten Mittagsgebet hat sich der Papst ausdrücklich an das ukrainische Volk gewandt und sich für dauerhaften und gerechten Frieden ausgesprochen. Wie kommen solche Friedensworte bei den Menschen in der Ukraine an?
Hruza: Der Frieden ist immer in den Herzen und auf den Lippen unserer Leute. Jeden Tag beten wir dafür. Jeden Tag warten wir darauf. Auch wenn wir die vielen Opfer sehen, die gefallenen Männer, Verhafteten und Verletzten. Der Begriff Frieden begleitet unsere Menschen hier jeden Tag.
DOMRADIO.DE: Das Verhältnis zwischen Papst Franziskus und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj war nicht unbelastet. Mit Papst Leo hat Selenskyj bereits telefoniert und möglicherweise soll es bald ein Treffen in Rom geben. Bahnt sich da eine neue Allianz an?

Hruza: Es geht natürlich auch um die große Geopolitik, aber die westliche Seite hat eine andere Politik, den Menschen Heil und Erlösung zu bringen. Was Papst Franziskus betrifft, würde ich nicht sagen, dass die Beziehungen schlecht waren. Papst Franziskus hat oft zum Gebet aufgerufen und das Thema Ukraine präsent gemacht. Was nicht verstanden wurde: Franziskus hat versucht, Täter und Opfer zusammenzubringen und zu versöhnen. Das ist nicht schlecht, kann aber nicht funktionieren, wenn die Gewalt andauert. Das hat den Menschen hier wehgetan. Somit wurde Franziskus hier nicht verstanden, was wir ihm auch zurückgemeldet haben.
Das Interview führte Carsten Döpp.