DOMRADIO.DE: Welche Ehrentitel haben die Päpste bereits verliehen?
Ulrich Nersinger (Vatikanexperte und Autor): Die alle aufzulisten, würde den Rahmen unseres Gesprächs sprengen. Es gibt viele, im Laufe der Geschichte zum Beispiel Päpstliche Geheimkämmerer.
Die waren unterteilt in wirkliche und überzählige Geheimkämmerer, in Ehrengeheimkämmerer in Rom und außerhalb Roms, Geheimkapläne sowie Ehrengeheimkapläne. Das ist eine ganze Menge von Ehrentiteln.
DOMRADIO.DE: Was genau bedeutet das für die Geehrten? Das waren bisher immer Männer, richtig?
Nersinger: Ja. Es sind in erster Linie Auszeichnung, Dank, aber auch Ansporn für ein Amt, das man weiterhin ausübt. Es wird alles in einer ganz interessanten Weise verbunden. Man bekommt diesen Ehrentitel, um sich diesem verpflichtet zu fühlen und in der Zukunft so weiterzuarbeiten, wie man das bisher in der Kirche getan hat.
DOMRADIO.DE: Welcher Papst hat viele solcher Ehrentitel vergeben?
Nersinger: Ende der 60er Jahre hat man das sogenannte Päpstliche Haus reformiert. Das ist unter anderem die Versammlung all dieser Männer mit Ehrentitel. Papst Paul VI. hat das auf drei Titel heruntergebrochen, auf den Kaplan Seiner Heiligkeit, den Ehrenprälaten und den Apostolischen Protonotar.
2014 hat Papst Franziskus das noch einmal stark reduziert. Er hat gesagt, der Prälat und der Protonotar wird vorläufig nicht mehr verliehen. Die Leute, die ernannt sind, bleiben es, aber wir verleihen nur noch den Kaplan Seiner Heiligkeit. Das geschehe jedoch auch nur unter bestimmten Voraussetzungen.
DOMRADIO.DE: Behalten die Träger den Titel lebenslang?
Nersinger: Bis Ende der 60er Jahre galt eine sehr kluge Entscheidung des Vatikans. Ein Großteil der Ehrenämter endete mit dem Pontifikat des Papstes, der das Amt verliehen hat. Man konnte dann ansuchen um eine Verlängerung. Dadurch hat man dem Vatikan die Möglichkeit gegeben, sich einmal anzuschauen, ob er sich würdig erwiesen hat. Ist es sinnvoll, dass er den Titel weiterträgt? Das war sozusagen eine Art Qualitätskontrolle.
DOMRADIO.DE: Gab es schon mal einen Titelträger, der sich nicht würdig erwiesen hat?
Nersinger: Das gab es auch. Auch der Vatikan ist kein vorgezogener Himmel, es gab auch Sünder. Es gab Leute, die unter Umständen große Verfehlungen gemacht haben, die sich als korrupt oder Ähnliches erwiesen haben.
Denen hat man diese Ämter entzogen, auch während eines Pontifikats. Nach der Regeländerung in den 60ern blieben Titel bis auf Lebenszeit bestehen. Aber auch da gab es Vorfälle, bei denen man den Betreffenden diesen Titel wieder entzogen hat.
DOMRADIO.DE: Wie sieht es mit dem neuesten Titelträger aus? Werden Sie ein Auge auf den Kaplan Seiner Heiligkeit halten, ob er sich auch würdig erweist?
Nersinger: Das steht mir nicht zu. Ich denke, der jetzige Kaplan Seiner Heiligkeit, der Sekretär des Papstes, hat gezeigt, dass er ein treuer Mitarbeiter des Papstes ist. Seit vielen Jahren ist er dessen Privatsekretär, schon als der Papst noch Kardinal gewesen ist. Ich denke, er macht seine Arbeit ganz gut. Wenn man die letzte Fahrt des Papstes in die Türkei und in den Libanon gesehen hat, sieht man, wie er sich wirklich bemüht, dem Papst zu helfen. Da habe ich keine Bedenken.
Ich denke, es wird sich noch zeigen, dass der Papst hier eine gute Entscheidung getroffen hat. Denn es hat einen Ehrentitel, der im Päpstlichen Haus üblich ist, der Realität angepasst oder in die Realität hineingebracht. Sein Privatsekretär ist schließlich nicht nur Ehrenkaplan Seiner Heiligkeit, sondern er ist wirklich der Kaplan Seiner Heiligkeit, der Kaplan des Papstes.
Das Interview führte Lara Burghardt.