DOMRADIO.DE: Papst Benedikt XVI. war – man höre und staune – ein Freund von Fanta?
Ulrich Nersinger (Vatikanexperte und Autor): Ja, und da gibt es eine hübsche Geschichte. Man sah ja Papst Benedikt XVI. kaum mit einem alkoholischen Getränk in der Hand. Zur Heiligen Messe musste er natürlich Wein nehmen. Ab und zu tauchte schon mal eine Fotografie auf, die den Papst aus Bayern mit einer Maß Bier zeigte.
Aber als Joseph Ratzinger noch Präfekt der Glaubenskongregation war, hatte ein römischer Adeliger bei einem Empfang mit Schrecken beobachtet, welchem Getränk der deutsche Kardinal den Vorzug gab. Den Leuten, die dann bei ihm standen, teilte der Aristokrat mit Entsetzen mit: "Oh Gott, er trinkt Fanta!" Das war für den Aristokraten das Schlimmste, was der Papst überhaupt machen konnte: Fanta statt Wein oder Sekt zu trinken.
DOMRADIO.DE: Bei Papst Franziskus sah es nicht wirklich besser aus. Das war auch nicht unbedingt etwas Alkoholisches, was er zu sich genommen hat.
Nersinger: Da wusste man im ganzen Vatikan eigentlich, was das Lieblingsgetränk des Heiligen Vaters war: Es handelte sich um Mate-Tee. Das ist ein südamerikanisches Getränk, ein Aufguss, der aus den kleingeschnittenen Blättern des Matestrauches gewonnen wird. Das Getränk schmeckt etwas rauchig und ein wenig bitter. Wenn der Papst mit dem Papamobil zur Generalaudienz auf dem Petersplatz fuhr, wurde ihm oft auch Mate-Tee gereicht. Das war wirklich sein Lieblingsgetränk.
In Santa Marta hat er einmal einem Monsignore dieses Mate-Getränk empfehlen wollen und ihm damit etwas Gutes tun wollen.
Der arme Prälat sagte: "Heiliger Vater, ich bin Ihnen in allem gehorsam, aber Mate-Tee ... nein."
DOMRADIO.DE: Haben Sie selbst Mate-Tee mal ausprobiert? Ich kenne auch nur die Geschichten, dass es ein bisschen gewöhnungsbedürftig sein soll.
Nersinger: Ich habe es ausprobiert und ich muss dem römischen Monsignore Recht geben. Ich würde kein zweites Glas Mate trinken.
DOMRADIO.DE: Gab es in der Kirchengeschichte sonst noch außergewöhnliche Lieblingsgetränke der Päpste?
Nersinger: Ja, da haben wir wirklich etwas ganz anderes: das Lieblingsgetränk von Papst Leo XIII. Er teilte diese Vorliebe mit Königin Victoria von England, mit Thomas Alva Edison, mit einer ganzen Reihe bekannter Prominenter. Es handelte sich um den Vin Mariani. Das war ein Getränk, das aus Wein und einem Aufguss aus zerstoßenen Koka-Blättern bestand.
In diesem Getränk war also eine Substanz enthalten, die dem Kokain sehr ähnlich war. Damals hatte man noch keine Vorstellung von Kokain. Es war auch nicht verboten. Diese Substanz wurde dem Getränk beigemischt, was eine gewisse berauschende, erfrischende Wirkung hatte. Der Papst fand das außergewöhnlich toll.
Es gibt sogar Zeichnungen, Werbeanzeigen in Zeitungen mit dem Heiligen Vater. Der Papst verlieh den Herstellern eine Goldmedaille, was damals natürlich etwas Außergewöhnliches war. Was Kokain eigentlich ist, wusste man damals nicht so genau.
Ich darf nur darauf hinweisen, dass in Deutschland dieses Getränk erst 1920 unter das Opiumgesetz fiel und verboten wurde.
DOMRADIO.DE: Schade, sonst hätte man's jetzt auch nochmal ausprobieren können, was die Päpste damals getrunken haben.
Nersinger: Ja, das gibt es, glaube ich, heute noch, ohne Kokainessenz, also es wäre mal interessant, das auch mal zu probieren.
DOMRADIO.DE: Was weiß man denn über die Lieblingsgetränke von Leo XIV.?
Nersinger: Das habe ich noch nicht herausgefunden. Es gibt Videoclips vom Besuch des Papstes bei den Augustinern. Dort hat er ein Jubiläum gefeiert mit einem seiner Ordensbrüder. Da habe ich mal geschaut, was auf dem Tisch an Getränken steht, aber leider habe ich nichts rausgefunden, was der wirkliche Inhalt war. Man wird da noch weiter nachforschen müssen, was der Heilige Vater für ein Lieblingsgetränk hat.
Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.