Theologe warnt katholische Kirche vor russischer Orthodoxie

Ausnutzen und Instrumentalisieren

Der Münsteraner Theologe und Osteuropa-Experte Thomas Bremer warnt die katholische Kirche vor Illusionen im Umgang mit der russisch-orthodoxen Kirche. Sie nutze alle Aktionen für sich aus und deute sie zu ihren Gunsten um.

Die neue russische Militärkirche in der Nähe von Moskau / © Ulf Mauder (dpa)
Die neue russische Militärkirche in der Nähe von Moskau / © Ulf Mauder ( dpa )

"Alles, was die katholische Kirche im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine unternommen hat, wurde von der russisch-orthodoxen Seite instrumentalisiert - als wäre die katholische Kirche ganz auf der Seite der russischen Orthodoxie", betonte Bremer am Montagabend in Münster.

"Man kann nicht solche Aktionen in der Hoffnung starten, etwas zum Guten zu wenden, weil die russisch-orthodoxe Seite das nur für sich ausnutzt." Bremer sprach unter dem Titel "Die ukrainischen Kirchen und der Krieg" bei einer Ringvorlesung der Uni Münster zum Ukraine-Krieg.

Russisch-orthodoxe Kirche

Die russisch-orthodoxe Kirche ist mit rund 150 Millionen Gläubigen die mit Abstand größte orthodoxe Nationalkirche. In Russland bekennen sich gut zwei Drittel der Bevölkerung zu ihr - etwa 100 Millionen Menschen. Fast alle übrigen früheren Sowjetrepubliken zählt das Moskauer Patriarchat ebenfalls zu seinem kanonischen Territorium.

Russisch-orthodoxe Kirche mit Baugerüst / © Balakate (shutterstock)
Russisch-orthodoxe Kirche mit Baugerüst / © Balakate ( shutterstock )

Der Osteuropa-Experte erläuterte, dass die eigenständige Orthodoxe Kirche der Ukraine, die 2018 gegen den Willen des Moskauer Patriarchats neu entstanden sei, und die griechisch-katholische Kirche in der Ukraine den Krieg von Anfang an verdammt hätten.

Überraschend aber sei gewesen, dass Onufrij, der Metropolit der dem Moskauer Patriarchat unterstehenden Ukrainischen Orthodoxen Kirche, den Krieg als "Katastrophe" bezeichnet und zum Gebet für die ukrainischen Verteidiger aufgerufen habe. Auch habe er betont, dass "Souveränität und Integrität der Ukraine" verteidigt werden müssten. 

Appell an Putin

Darüber hinaus habe der Synod der Ukrainischen Orthodoxen Kirche den Moskauer Patriarchen Kyrill I. aufgerufen, sich für die "Beendigung des brudermörderischen Blutvergießens im ukrainischen Land" einzusetzen, so Bremer. Und Onufrij habe an den russischen Präsidenten Wladimir Putin appelliert, den Krieg auf ukrainischem Boden zu beenden. 

"Die Russisch-Orthodoxe Kirche verhält sich dagegen sehr wenig zum Krieg, steht an der Seite der russischen Regierung und vertritt ein antiwestliches Narrativ", führte Bremer aus.

"Kein einziger ihrer Bischöfe hat sich kritisch dazu geäußert." Die Ukrainische Orthodoxe Kirche, die Kyrill um Unterstützung gebeten habe, werde von der russischen Orthodoxie nicht gehört; ihre Appelle kämen in der russischen Öffentlichkeit nicht vor.

Deshalb wenden sich laut Bremer immer mehr Bistümer und Gemeinden der alten, Moskau-treuen Kirche der Ukraine von der russisch-orthodoxen Kirche ab und der neuen Kirche zu. 

"Auch unabhängig vom Ergebnis des Krieges wird die Russisch-Orthodoxe Kirche viele ihrer Gemeinden in der Ukraine verlieren", sagte der Osteuropa-Experte voraus. "Man darf eine Annäherung zwischen den ukrainischen Kirchen erwarten, aber wenig Übertritte."

Quelle:
KNA