Sylter Pastorin verteidigt Lindner-Hochzeit

Jeder Gottesdienst ist Verkündigung

Die Sylter Pastorin Susanne Zingel verteidigt den Traugottesdienst für Bundesfinanzminister und Nicht-Kirchenmitglied Christian Lindner. Es handele sich um eine Ausnahme von der Regel.

Christian Lindner und seine Lebensgefährtin Franca Lehfeldt haben geheiratet / © Axel Heimken (dpa)
Christian Lindner und seine Lebensgefährtin Franca Lehfeldt haben geheiratet / © Axel Heimken ( dpa )

Das schreibt Pastorin Zingel in einem am Montag veröffentlichten Online-Brief an ihre Gemeinde Sankt Severin. Voraussetzung sei ein ausführliches Gespräch gewesen.

Christian Lindner und seine Frau Franca Lehfeldt kommen nach der kirchlichen Trauung aus der Kirche St. Severin / © Axel Heimken (dpa)
Christian Lindner und seine Frau Franca Lehfeldt kommen nach der kirchlichen Trauung aus der Kirche St. Severin / © Axel Heimken ( dpa )

"Das Ehepaar Lindner ist dafür extra einen Tag nach Sylt gekommen", so die Pastorin. "Ich bin sicher, dass niemand von uns dreien sich in diesem Gespräch vorstellen konnte, was für ein mediales Großereignis diese Hochzeit werden sollte."

Lindner hatte am 9. Juli in der evangelischen Kirche Sankt Severin auf Sylt die Journalistin Franca Lehfeldt geheiratet. Beide sind keine Kirchenmitglieder. Der katholisch getaufte Lindner war mit 18 Jahren ausgetreten. An der Feier gab es Kritik, das Paar habe die Kirche nur als Kulisse benutzt und eine Dienstleistung in Anspruch genommen, die Kirchenmitglieder finanzieren.

Nordkirche rechtfertigt kirchliche Trauung von Lindner und Lehfeldt

Angesichts nicht abreißender Kritik hat die evangelische Nordkirche die Entscheidung gerechtfertigt, Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und seine Frau Franca Lehfeldt kirchlich zu trauen. Zwar sehe die Lebensordnung der Nordkirche vor, dass bei einer Trauung mindestens ein Partner Mitglied der evangelischen Kirche sein soll, sagte der evangelische Bischof von Schleswig und Holstein, Gothart Magaard. Ausnahmen lägen jedoch im Ermessen des Seelsorgers. "Es ist etwas Wunderbares, wenn sich zwei Menschen den Segen Gottes zusprechen lassen wollen", betonte der Theologe.

St. Severins Kirche auf Sylt: Event-Location? (dpa)
St. Severins Kirche auf Sylt: Event-Location? / ( dpa )

Pastorin: Kirchentüren weiter öffnen

"Jedes Jahr verlassen mehr als 200.000 Menschen die evangelische Kirche", hält Zingel dagegen. "Offen ist dabei die Antwort auf die Frage, ob wir diesen Prozess verändern können, indem wir uns an strikte Regeln halten oder sollten wir unsere Kirchentüren weiter öffnen?" Niemand sollte dazu verleitet werden, kurz vor der Hochzeit einzutreten und danach wieder auszutreten.

Die Kirchensteuermittel würden nicht nur zur Finanzierung von Trauungen, Taufen und Beerdigungen verwendet, erklärte die Pastorin weiter. Der viel größere Teil fließe in die Gemeindearbeit sowie die soziale, seelsorgerliche und kulturelle Arbeit der Kirche. Zudem sei jeder Gottesdienst eine Gelegenheit zur Verkündigung. Hochzeitspaare, die oft im Verdacht stünden, die Kirche als Kulisse zu missbrauchen, hätten meist Sehnsucht nach Segen und Geleit.

Zu dem Brief erschien ein Frage-und-Antwort-Katalog der evangelischen Nordkirche. Daraus geht hervor, dass eigentlich mindestens einer der beiden Eheleute Kirchenmitglied sein sollte. "Allerdings entscheiden die Pastorin oder der Pastor in seelsorgerlicher Verantwortung über die Durchführung jeder Amtshandlung." Deutschlandweit würden 0,3 bis 0,4 Prozent der evangelischen Trauungen ganz ohne Kirchenmitgliedschaft gefeiert.

Lindner hatte die Feier bereits im Magazin "chrismon" verteidigt. Der kirchliche Segen sei ihm "wichtig" gewesen. Sein Kirchenaustritt bedeute nicht, "aus jeder Form der Spiritualität auszutreten".

Quelle:
KNA