Nordkirche rechtfertigt kirchliche Trauung von Lindner und Lehfeldt

St. Severins Kirche auf Sylt: Event-Location? (dpa)
St. Severins Kirche auf Sylt: Event-Location? / ( dpa )

Angesichts nicht abreißender Kritik hat die evangelische Nordkirche die Entscheidung gerechtfertigt, Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und seine Frau Franca Lehfeldt kirchlich zu trauen. Zwar sehe die Lebensordnung der Nordkirche vor, dass bei einer Trauung mindestens ein Partner Mitglied der evangelischen Kirche sein soll, sagte der evangelische Bischof von Schleswig und Holstein, Gothart Magaard. Ausnahmen lägen jedoch im Ermessen des Seelsorgers. "Es ist etwas Wunderbares, wenn sich zwei Menschen den Segen Gottes zusprechen lassen wollen", betonte der Theologe.

Nach Medienberichten sind Lindner und Lehfeldt nicht Mitglieder der evangelischen Kirche. Wie die Sprecherin des Kirchenkreises Nordfriesland, Inke Raabe, bestätigte, sollen beide am Samstag (9. Juli) in der St.-Severin-Kirche in Keitum von Gemeindepastorin Susanne Zingel kirchlich getraut werden. Laut Vorbericht der "Bild"-Zeitung betrachten sich beide als "liberale Freigeister".

Der Sinn des Vorbereitungsgesprächs zwischen Pastorin und Traupaar sei unter anderem auch herauszufinden, ob es dem Paar mit seiner Bitte um den Segen Gottes ernst sei, erläuterte Magaard. Er habe großes Vertrauen darin, wie Pastorin Zingel die Trauung vorbereitet habe. "Wir sollten mit dem Segen nicht knauserig umgehen. Gott ist ein großzügiger Gott", hob der Bischof hervor.

Die evangelische Theologieprofessorin Angela Rinn wies unterdessen in einem Gastbeitrag in der Zeitschrift "Zeitzeichen" darauf hin, dass Lindner und Lehfeldt mit dem Traugottesdienst eine Dienstleistung nutzten, die von Kirchenmitgliedern finanziert werde.

Die Frage stelle sich, "warum man sich die Kirchensteuer nicht einfach auch sparen könnte, wenn Nichtmitglieder die gleichen Rechte und Vorteile haben wie Kirchenmitglieder".

Die Sorge, dass die Ausnahme für den Finanzminister Kirchenmitglieder verärgern könne, teile er nicht, sagte Bischof Magaard. Auch glaube er nicht, dass der Fall die Glaubwürdigkeit der evangelischen Kirche beschädigen könne. "Mit dieser Ausnahme setzen wir ein Zeichen der Gastfreundschaft und der Großzügigkeit", betonte der Theologe.

Die Regel, dass bei kirchlichen Trauungen mindestens ein Partner Mitglied der evangelischen Kirche sein soll, gilt in allen 20 Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Dennoch lassen Kirchengemeinden regelmäßig Ausnahmen zu. Der Anteil der evangelisch getrauten Paare, bei denen kein Partner Mitglied einer evangelischen Landeskirche ist, liegt seit 2015 bei jährlich 0,3 bis 0,4 Prozent. (epd, 08.07.2022)