Ihre Follower-Zahl steigt und steigt. Bei TikTok sind es mittlerweile 1,3 Million, bei Instagram 1,1 Millionen. Trotz ihrer Popularität kommt Anna Lapwood ganz unkompliziert zu Fuß ins Domradio, nur wenige Stunden vor ihrem Konzert. Im Gespräch wird schnell klar: Von der Domorgel mit knapp 150 Registern ist sie total begeistert. "Normalerweise muss ich oft bei anderen Orgeln Kompromisse beim Klang eingehen, doch in Köln kann ich genau den Klang erzielen, den ich möchte." Das liegt auch an den beiden Orgeln, die sie von einem Spieltisch aus steuern kann, erklärt sie.
Räumlicher Klang im Dom begeistert
Das umfasst neben dem Westwerk über dem Haupteingang vor allem die Hauptorgel neben dem Vierungsaltar und die Schwalbennestorgel hoch oben in der Mitte des Domes. Dadurch kann sie beim Spielen der Orgelstücke räumliche Effekte erzielen, dennoch bleibt die Musik sehr klar: "Es klang so schön, dass ich mehrfach weinen musste", erzählt sie lachend.
Stundenlang hat sie nachts im Dom geübt, probierte Register aus, hörte sich das Klangergebnis dann vom Kirchenraum aus an, denn die Domorgel hat eine Aufnahmefunktion und spielt das zuvor Aufgenommene erneut ohne Organistin ab.
Dass der Dom einen extrem langen Nachhall hat, empfindet sie nicht als Nachteil. Ganz im Gegenteil: "Für einen Großteil dieser Orchestermusik braucht es ein wenig Hall oder in diesem Fall eine Menge Hall, um den richtigen Klang zu erzeugen."
In der Tat erahnt man schon bei den von ihr geposteten Instagram-Videos, wie beeindruckend Filmmusik auf einer so großen Orgel im Dom klingen wird. An ihren Klangexperimenten an der Orgel der Orgelbaufirma Klais mit fast 150 Registern lässt sie per Reel ihre Fans schon vorab teilhaben und erklärt verständlich das Einregistrieren für ihr Konzert.
Ihre zugewandte Art, die nachvollziehbaren Erklärungen und natürlich auch die effektvolle Musik lassen verstehen, warum so viele junge Leute sich auf einmal für ein eher als traditionell geltendes Instrument interessieren. Die Reaktionen auf ihre kurzen Videos aus dem Dom sind allesamt begeistert. Dabei stellt die knapp 30-jährige Britin nicht sich, sondern die Musik, den Raum und die Orgel ins Zentrum, teilt ihre Begeisterung für den Kölner Dom.
Filmmusik als Brücke für sakrale Räume
Bedenken, dass Menschen Filmmusik in einem sakralen Raum für unangemessen halten könnten, nimmt sie ernst, glaubt aber eher, dass durch diese Art der Musik auch Leute angesprochen werden, die nicht religiös sind: "Ich hoffe, dass die Musik als eine Art Werkzeug gesehen werden kann, um Menschen in die Kirche zu bringen, und nicht als etwas, das der Botschaft der Kirche widerspricht."
Ihren Erfolg auf Social Media kann sie sich selbst nicht so recht erklären, eine Influencerin sei sie nicht, wie sie lachend erklärt: "Ich sehe mich wirklich nicht als Influencerin, ich bin Organistin, die in den Sozialen Netzwerken Dinge postet, die ich aber alle selber einstelle."
Für ihr Konzert im Dom wünscht sie sich, dass die Menschen erfahren, was für eine emotionales Instrument die Orgel ist, wie vielfältig – von sehr leise bis laut – eine Orgel klingen kann.
Der Kölner Dom erwartet einen großen Besucherandrang, zumal das Konzert nicht live übertragen wird. Ihren zahllosen Fans hat Anna Lapwood schon empfohlen, möglichst früh zu kommen.
Einlass ist an diesem Dienstag ab 19:30 Uhr, die Orgelfeierstunde beginnt dann um 20 Uhr mit Musik u. a. von John Williams, Hans Zimmer, Ludovico Einaudi. Freunde von eher "traditionellerer" Orgelmusik kommen auch auf ihre Kosten, Anna Lapwood spielt auch Werke von Johann Sebastian Bach und Eugène Gigout.