"Sehnsuchtszeit" des Sommers lädt ein, Gottes Fülle neu zu entdecken

Geistlich wachsen

Der Sommer lädt zur inneren Einkehr ein. Während des Urlaubs in der Natur oder am Meer oder einfach daheim: Diese Jahreszeit kann zur "Sehnsuchtszeit" werden, sagt die Bibelreferentin Miriam Pawlak. Und es braucht dazu nicht viel.

Autor/in:
Annika Weiler
Eine junge Frau in der Natur / © Cristina Conti (shutterstock)
Eine junge Frau in der Natur / © Cristina Conti ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Welche geistliche Bedeutung steckt denn hinter der Sommerzeit? 

Miriam Pawlak (privat)

Miriam Pawlak (Bibelreferentin an der Bibel- und Liturgieschule des Erzbistums Köln): In der Bibel kommt der Sommer an wenigen Stellen vor. Vor allen Dingen im Alten Testament merken wir in den Weisheitsschriften, dass der Sommer eher mit Arbeit konnotiert ist. 

Es geht nämlich primär darum, dass man Nahrung als Vorbereitung auf den Winter sammelt. Im Neuen Testament macht dann zum Beispiel Jesus seine Jünger darauf aufmerksam, dass es auch mal gut sein kann, sich an einem ruhigen Ort auszuruhen. Ob es jetzt die Sommerjahreszeit war, wissen wir nicht genau. 

Aber es gibt einen anderen Indikator, wo wir das wissen. Jesus spricht zum Beispiel im Lukas-Evangelium vom Sommer, wenn er sagt, dass diese Jahreszeit erkennbar ist, wenn wir sehen, dass die Blätter des Feigenbaumes reifen. Da wird deutlich gemacht, dass die Highlight-Zeit des Jahres beginnt, also dann, wenn der Frühling vorbei ist. Insofern kommt der Sommer in der Bibel vielleicht als Sehnsuchtzeit vor, so ähnlich wie es heute ist. 

Touristen genießen einen warmen Sommertag am Strand von Arenal. / ©  Clara Margais/dpa (dpa)
Touristen genießen einen warmen Sommertag am Strand von Arenal. / © Clara Margais/dpa ( dpa )

Wenn wir an Sommer denken, ist das natürlich für viele Menschen ein Ort, an dem ganz oft an Meer, Sonne, Strand, aber auch an Berge gedacht wird.

DOMRADIO.DE: In der Bibel ist immer wieder von der Fülle Gottes die Rede. Kann das auch mit dem Sommer zu tun haben? 

Pawlak: Ja, das kann sein. Ganz grundsätzlich verstehe ich primär unter der Fülle Gottes eher, dass das in Jesus Christus fleischgewordene Wort die ganze Fülle ist. Wir hören in den Paulusbriefen ganz häufig diesen Ausdruck, dass Gott in seiner ganzen Fülle in ihm wohnen wollte. 

Miriam Pawlak

"Erholung ist immer ganzheitlich: Körper, Geist und Seele gehören zusammen."

Natürlich kann der Sommer Anreiz sein oder sogar Inspirationsquelle, um sich mal für eine gewisse Auszeit bewusst Zeit zu nehmen und sich damit auseinanderzusetzen, was Gott einem persönlich bedeutet, wenn dieser Gott unter uns sein will und das über den Sommer hinaus.

DOMRADIO.DE: Was heißt "spirituell wachsen" aus Sicht der Bibel? Gerade jetzt im Sommer, wo der Urlaub, das Erleben, das Unterwegssein nach außen gerichtet ist. Wie passt da inneres Wachstum hinein?

Pawlak: Das passt ganz gut, weil man bildlich gesprochen, geistliche Früchte ansammeln kann. Erholung ist immer ganzheitlich: Körper, Geist und Seele gehören zusammen. 

Die beiden Schwestern aus dem Neuen Testament, Maria und Martha, die am kommenden Sonntag im Evangelium vorkommen, geben beide ein relativ provokatives Bild ab. Die eine als Hauskeeperin, die macht, managt und gastfreundlich sein will und Jesus und die Jünger bewirten will, und Maria, die sich wie eine Schülerin zu den Füßen Jesu setzt und nur ihm zuhört. 

Sie ist der Gegenpart. Ein Pendant wird da aufgebaut. Aus dieser sehr plastischen Szene wird deutlich, dass es beide Komponenten braucht. Arbeit ist genauso gut und genauso wichtig wie das Ausruhen, weil nur beides zusammen klappt. 

Im Prinzip lädt jeder Sonntag dazu ein, dass man sich einen kleinen Erholungsurlaub gönnt. Das kann man so ein bisschen daraus ableiten, wenn man will.

Miriam Pawlak

"Manchmal braucht es nur ein Minimum an der Umgebung. Hauptsache, es ist still und man kann sich konzentrieren."

DOMRADIO.DE: Was meinen Sie, wie kann man die Sommerzeit nutzen, um die Beziehung zu Gott zu vertiefen?

Pawlak: Da braucht es gar nicht so viel für. Man kann natürlich, wenn man unterwegs sein möchte, spirituelle Orte besuchen, zum Beispiel Klöster oder abgelegene Kapellen. 

Eine Ordensschwester kniet vor einem Kreuz im Meditationsraum / © Harald Oppitz (KNA)
Eine Ordensschwester kniet vor einem Kreuz im Meditationsraum / © Harald Oppitz ( KNA )

Man kann es sich aber auch richtig gut gehen lassen und Urlaub machen, indem man sich einfach Zeit für eine Meditation, ein Gebet oder eine Reflexion nimmt und eine innere Sortierung vornimmt. Manchmal braucht es nur ein Minimum an der Umgebung. 

Hauptsache, es ist still und man kann sich konzentrieren. Vielleicht hat man sogar eine Hängematte oder sonst einen ruhigen Ort, an dem man sich mal die Bibel in die Hand nimmt und sieht, dass da eine Menge Erholung für die Seele drin ist.

Das Interview führte Annika Weiler.

Quelle:
DR

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