Parteiübergreifende Kritik am Vorgehen der Polizei bei Anti-Israeldemo in Duisburg

"Schwarzer Tag für Rechtsstaat"

Bei einer Anhörung im Innenausschuss des Düsseldorfer Landtags äußerten die Fraktionen am Donnerstag parteiübergreifend Kritik an der gewaltsamen Entfernung von Israel-Flaggen aus einer Privatwohnung durch die Polizei bei einer Großdemonstration gegen den Gaza-Konflikt am 10. Januar. Die SPD im Düsseldorfer Landtag sprach von einem "schwarzen Tag für den Rechtsstaat". Im domradio-Interview: Duisburgs katholischer Stadtdechant Bernhard Lücking.

 (DR)


In einer gemeinsamen Erklärung haben die beiden christlichen Kirchen in Duisburg "entsetzt und empört" auf die Demonstration gegen den Krieg im Gaza-Streifen am vergangenen Samstag reagiert.


Ein Sprecher der CDU im Ausschuss nannte das Vorgehen der Polizei in Duisburg einen «eklatanten Fehler.» Die Beamten hätten «rechtlich bedenklich und politisch hoch unsensibel» gehandelt. Die Grünen im Ausschuss sprachen von einer «Kapitulationserklärung» der Polizei gegenüber gewaltbereiten Demonstranten.

Landesinnenminister Ingo Wolf (FDP) nannte es bei der Anhörung im Innenausschuss des nordrhein-westfälischen Parlaments «mehr als bedauerlich, dass in Duisburg gegen das hohe Recht der Meinungsfreiheit verstoßen» wurde. Gleichzeitig mahnte er die Polizeibeamten im Lande, künftig die «Meinungsfreiheit für alle Beteiligten» zu gewährleisten. Wolf gab zu bedenken, dass die Beamten vor Ort in der aktuellen Situation den Eingriff in das Rechtsgut vielleicht «so nicht erkannt» hätten.

Wolf kündigte eine umfassende Prüfung des Vorfalls an. Zudem würden auch disziplinarrechtliche Schritte gegen die polizeilich Verantwortlichen geprüft. Generelle Vorwürfe gegen die Taktik der Polizei in NRW bei Demonstrationen wies der Minister vor dem Innenausschuss allerdings entschieden zurück. «Wir reden hier von einem einzigen Fall, der schiefgelaufen ist», sagteer. Insgesamt jedoch habe sich die Polizei-Taktik mit einer Mischung aus Deeskalation und hartem Durchgreifen bewährt. Für künftige Demonstrationen, auch im Zusammenhang mit den andauernden Kämpfen im Gaza-Streifen, versicherte der oberste Dienstherr der Polizei in NRW, künftig sensibler vorzugehen.

Bei der Großdemonstration von rund 10.000 Anhängern der vom Landesverfassungsschutz unter Beobachtung stehenden Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs am vergangenen Samstag in Duisburg hatte eine Gruppe der Demonstranten zwei aus einem Fenster hängende israelische Fahnen mit Schnee, Schneebrocken und anderen Gegenständen beworfen. Daraufhin hatte der Einsatzleiter entschieden, die Fahnen zu entfernen, um eine drohende Eskalation zu verhindern. Dabei wurde edie Tür der Privatwohung aufgebrochen. Der Sprecher der Behörde hatte das Heraushängen der israelischen Fahnen als «Provokation» für die Demonstranten bezeichnet. Der Polizeipräsident hatte sich dafür am Dienstag entschuldigt. Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) hatte am Mittwoch erklärt, das Entfernen der israelischen Fahnen «hätte nie geschehen dürfen».

Bei der Demonstration waren nach Angaben des Inspekteurs der nordrhein-westfälischen Polizei insgesamt 280 Einsatzkräfte vor Ort. Die relativ geringe Zahl gegenüber den erwarteten und gekommenen Demonstranten rechtfertigte der Inspekteur damit, dass im Vorfeld keinerlei Anhaltspunkte für eine eventuelle Eskalation von Gewalt erkennbar gewesen sei. Die Beamten hätten am vergangenen Samstag in Minuten entscheiden müssen, wie sie die «extrem emotionale und gereizte Stimmung» unter den Demonstranten beruhigen könnte. Die Lage hätte sich «bedrohlich ausweiten können», hieß es vor dem Innenausschuss des Parlaments.

Unterdessen hat die vom Verfasssungsschutz beobachtete «Organisation for Human Dignity and Rights» für Samstag, den 17. Januar in Duisburg eine weitere Demonstration gegen die israelischen Angriffe im Gaza bei der Polizei angemeldet, zu der bis zu 1.000 Teilnehmer erwartet werden.