Papstberater Kardinal Maradiaga tritt in Ruhestand

Altersbedingter Rückzug

Er war stets ein Bannerträger von Franziskus. Wohl auch deshalb beließ ihn der Papst noch weit über die Altersgrenze von 75 Jahren hinaus in seinem Kirchenamt in Honduras. Kurz nach dem 80. ist dort nun Schluss.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga (l.) und Papst Franziskus  / © Osservatore Romano (KNA)
Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga (l.) und Papst Franziskus / © Osservatore Romano ( KNA )

Sie hielten sich gegenseitig die Treue - in guten wie in schlechten Tagen: Kardinal Oscar Andres Rodriguez Maradiaga, Erzbischof von Tegucigalpa in Honduras, und der argentinische Jesuit und Kardinal Jorge Mario Bergoglio, Erzbischof von Buenos Aires.

Von dem einen dachte man, er werde einst der erste Papst aus Lateinamerika sein; der andere wurde es. Papst Franziskus ist inzwischen 86, Maradiaga 80 - und der eine lässt dem anderen nun ein Amt nach: Am Donnerstag nahm der Papst den Verzicht Maradiagas auf dessen Leitungsposten in Honduras an.

Weltreisender in Sachen Caritas

Aus deutscher Sicht trägt Rodriguez Maradiaga die Aufkleber "Lateinamerika" und "Dauerbesucher aus der Weltkirche"; ein Weltreisender in Sachen Caritas und Schuldenschnitt für die verarmten Länder des Südens. Aus vatikanischer Sicht ist er Berater des Papstes, Vorsitzender des Kardinalsrates für die Kurienreform und langjähriger Präsident des Weltverbands Caritas Internationalis. Aus Sicht seines armen Heimatlandes Honduras erscheint er als Hirte, der nur selten bei seiner Herde war.

Oscar Rodriguez Maradiaga / © Paul Haring/CNS photo (KNA)
Oscar Rodriguez Maradiaga / © Paul Haring/CNS photo ( KNA )

Maradiaga nennt man ihn allenthalben; nicht ganz korrekt. Denn eigentlich gäbe sein erster Familienname den Ausschlag, Rodriguez - doch der ist in Lateinamerika so häufig wie bei uns Müller oder Schmidt. Also Maradiaga.

Der charismatische Ordensmann der Salesianer Don Boscos galt - ebenso wie Franziskus - 2005 wie 2013 als papsttauglich ("papabile"); nicht zuletzt wegen seiner vatikanischen Spitzenposition als Präsident von Caritas Internationalis (2007-2015). Hochgebildet und sozial engagiert, profilierte sich Maradiaga unter anderem auch als Wortführer der Millenniums-Entschuldungskampagne 1999/2000, kritisierte unermüdlich Ungerechtigkeit und Drogenkriminalität in Lateinamerika.

In Europa war er bei Katholikentagen und Aktionseröffnungen allgegenwärtig; über viele Jahre galt er als Hoffnungsträger für eine neue Weltkirche. Aus heutiger Sicht wirkt Maradiaga wie eine Art Johannes der Täufer für den Armen-Papst Franziskus, der vor zehn Jahren, im März 2013, gewählt wurde. Das neue Kirchenoberhaupt hielt für seinen Vertrauten dann schon bald andere anspruchsvolle Aufgaben bereit: Maradiaga leitete die Kardinalskommission, die zusammen mit dem Papst eine Reform der römischen Kurie erarbeitete.

Charismatischer Kirchenmann

Der so freundliche wie charismatische Kirchenmann wurde am 29. Dezember 1942 in der honduranischen Hauptstadt Tegucigalpa geboren.

Seine Bildungsbiografie zeugt von einem weiten Horizont. Schon als junger Ordensmann studierte er Theologie (mit einem Doktorat in Moraltheologie), Klavier und Komposition, Physik, Mathematik, Chemie, Philosophie und Psychologie in Tegucigalpa, Rom und Innsbruck.

Oscar Rodriguez Maradiaga / © Cristian Gennari (KNA)
Oscar Rodriguez Maradiaga / © Cristian Gennari ( KNA )

In Tirol erwarb er ein Diplom in klinischer Psychologie und Psychotherapie, ist Mitglied der Europäischen Gesellschaft für Verhaltenstherapie. 1978 wurde Maradiaga Weihbischof in Tegucigalpa, 1993 Erzbischof und drei Jahre später Vorsitzender der Honduranischen Bischofskonferenz (bis 2016). Von 1995 bis 1999 stand er dem Lateinamerikanischen Bischofsrat CELAM vor.

Politisch - und womöglich auch karrieretechnisch - geschadet hat dem Kardinal seine Haltung zum Sturz des linken honduranischen Staatspräsidenten Manuel Zelaya 2009. Dessen Anhänger verurteilten die Absetzung durch die Armee als Putsch. Doch Maradiaga nannte die weltweiten Proteste einseitig. Zwar verurteilte er die Art des Vorgehens der Armee in der labilen mittelamerikanischen Republik. Er verwies aber auch auf fragwürdige geplante Verfassungsänderungen Zelayas und verlangte Untersuchungen wegen Korruption. Diese Haltung trug Maradiaga den Schmähnamen "Putsch-Kardinal" ein.

Medialer Sündenbock

Vor allem für linke Gruppierungen wurde so aus dem Hoffnungsträger ein medialer Sündenbock; in seiner Heimat erhielt er gar Morddrohungen. Als scharfer Kritiker der Auswirkungen der Globalisierung steht der Salesianer inhaltlich ausgerechnet jenem politischen Lager nahe, aus dem damals Pfeile gegen ihn abgeschossen wurden.

Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga / © Paul Haring (KNA)
Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga / © Paul Haring ( KNA )

2017 veröffentlichte ein italienischer Enthüllungsjournalist Veruntreuungsvorwürfe. Maradiaga habe in Honduras dubiose Gelder erhalten und teils verschwinden lassen. Der Kardinal reagierte damals gelassen; alle Geldströme seien legal und leicht erklärbar. Die Anwürfe stammten mutmaßlich von einem entlassenen Kirchenmitarbeiter und seien bereits von höchster Stelle untersucht. Sie würden instrumentalisiert, um den Reformvorhaben des Papstes zu schaden.

Für diese Reformvorhaben hat Maradiaga seine Mission nun erfüllt: Die Kurienreform des Papstes trat im Juni in Kraft. Den Nachfolger von Franziskus wird er dereinst nicht mehr mitwählen: Mit seinem 80. Geburtstag an Silvester erlosch sein Wahlrecht im Konklave.

Sekundieren wird er seinem Geistesbruder aber wohl weiterhin. Im Gespräch mit dem Portal "Religion Digital" nannte er zu Wochenbeginn die Veröffentlichung des Buches von Erzbischof Georg Gänswein über das Zusammenleben von Franziskus und seinem an Silvester verstorbenen Vorgänger Benedikt XVI. "taktlos".

Kardinalsrat

Der von Franziskus 2013 ins Leben gerufene sogenannte Kardinalsrat soll den Papst bei der Kurienreform und der Zusammenarbeit zwischen Bischofskonferenzen und Vatikan unterstützen. Dem Gremium gehören Kardinäle als vom Papst berufene Mitglieder an. (KNA)

Kardinäle in Rom (dpa)
Kardinäle in Rom / ( dpa )
Quelle:
KNA