Kirchenführer in West-Papua zwischen Baum und Borke

Papst Franziskus soll es richten

In Indonesien lebt gefährlich, wer Jakartas Minderheitenpolitik kritisiert. Doch die christliche Mehrheit in West-Papua erwartet von den Bischöfen Protest gegen Ausbeutung der Natur, Überfremdung und politischen Islam.

Autor/in:
Michael Lenz
Symbolbild Abholzung / © Tarcisio Schnaider (shutterstock)
Symbolbild Abholzung / © Tarcisio Schnaider ( shutterstock )

Indonesien ist ein religiös, kulturell und ethnisch vielfältiges Land. Diese Vielfalt der muslimisch geprägten Republik ist aber auch Quell vieler Konflikte, von Umweltproblemen, Spannungen zwischen Religionen und Ethnien bis hin zum Terrorismus als der gewalttätigsten Form eines extremen politischen Islam. Im rohstoffreichen und mehrheitlich christlichen West-Papua haben sich diese Probleme zu einem explosiven Cocktail zusammengebraut.

Mittendrin ist die katholische Kirche, von der Christen aller Konfessionen erwarten, dass sie das Verlangen der Papuaner nach Unabhängigkeit von Indonesien unterstützt. Doch die Bischöfe enttäuschen seit langem diese Erwartung durch politisches Schweigen. Die West-Papua-Politik der Regierung in Jakarta in Frage zu stellen, wie sensibel und diplomatisch auch immer, ist sehr gefährlich.

Waffengewalt und Menschenrechtsverletzungen

Aktivisten für die Rechte der Papuaner jedweder Religion werden von der Armee mit Waffengewalt unterdrückt. Schon das Aufziehen der Morgensternfahne als Symbol eines freien West-Papua bringt Menschen ins Gefängnis. Journalisten und sogar UN-Organisationen verwehrt Indonesien Besuche in West-Papua, um systemische Menschenrechtsverletzungen an der indigenen Bevölkerung unter der Decke zu halten.

Nach der staatlichen Unabhängigkeit von den Niederlanden annektierte Indonesien 1962 das vormalige Niederländisch-Neuguinea. Sieben Jahre später wurde der Status von West-Papua als Teil Indonesiens durch eine Volksabstimmung bestätigt, die viele als manipuliert bezeichnen. Zugleich sorgte Jakarta mit der Ermutigung muslimischer Indonesier, nach West-Papua zu migrieren, für eine religiös-ethnische Vermischung - und heizte damit den Konflikt weiter an.

West-Papua ist dank seiner reichen natürlichen Ressourcen wie Holz, Gold, Silber, Gas und Kupfer eine Schatzkammer Indonesiens. Raubbau an der Natur durch internationale Firmen ist die Folge. Wenn sich die Einheimischen dagegen wehren, schreitet das Militär zum Schutz der Interessen des Establishments im fernen Jakarta ein.

Raketenstartplatz führt zu Protest

Neuster Anlass für Proteste ist das Angebot der Regierung an die Raumfahrtfirma SpaceX von Elon Musk, auf der zu West-Papua gehörenden Insel Biak einen Raketenstartplatz zu bauen. Die Papuaner auf Biak sind vehement dagegen. Der Raketenbahnhof, so die Einheimischen, würde die Abholzung vorantreiben, die Militärpräsenz erhöhen und ihre Zukunft auf der Insel bedrohen.

Viele katholische Priester und Laien in West-Papua sehen das Schweigen der Kirche zu Ausbeutung und Unterdrückung mit wachsendem Unmut. Es sei "erstaunlich und verletzend", dass die Bischöfe schnell dabei seien, die Verletzung der Rechte von Angehörigen anderer Religionen im Land zu kritisieren, erklärten 147 Priester und Ordensleute Ende 2020 in einem Brief an die Bischofskonferenz. Und weiter: "Warum diskutieren Sie, die Führer der indonesischen katholischen Kirche, nicht ernsthaft und gründlich den am längsten andauernden Konflikt im Land?"

Erzbischof lädt den Papst ein

Für Empörung sorgte zu Jahresbeginn der damals neue Erzbischof von Merauke, Petrus Canisius Mandagi, wegen seiner Zusammenarbeit mit der Palmöl-Firma Korindo. Das Unternehmen will über drei Jahre mit einer Spende von umgerechnet 140.000 Euro die Unterstützung ihrer Aktivitäten durch die Erzdiözese honorieren. Katholiken wie Umweltschützer laufen Sturm gegen dieses Abkommen.

Im Frühsommer setzte sich ausgerechnet Mandagi über die Bischofskonferenz für einen Besuch von Papst Franziskus in West-Papua ein. Der politische Analyst Ryan Dagur meint dazu, die Bitte um einen Papstbesuch in Papua spiegele ein "Gefühl der Ohnmacht der örtlichen Kirchenvertreter bei der Förderung von Frieden und Gerechtigkeit in der Region wider". Immerhin: Dieser Schritt müsse nun sowohl vom Vatikan als auch von Jakarta ernstgenommen werden, so Dagur.

Gratwanderung für Franziskus

Die Erwartungen an den Papst sind hoch, sollte er das bevölkerungsreichste muslimisch geprägte Land der Welt tatsächlich besuchen. Und selbst wenn West-Papua nicht im Reiseprogramm stünde, so erwarteten die Papuaner dennoch klare Worte des Kirchenoberhauptes zur Lage ihrer Heimat.

Auch für Franziskus wäre das eine Gratwanderung zwischen diplomatischer Höflichkeit gegenüber dem Gastgeberland und dem Verlangen des Menschen an Indonesiens Peripherie nach Anerkennung und Gerechtigkeit. Allerdings hat der Papst mit solchen Gratwanderungen Übung - wie auch sein Besuch in Myanmar Ende 2017 zeigte.

In Indonesien ist Papua ein ähnlich hochsensibles Thema wie die unterdrückte muslimische Rohingya-Minderheit in Myanmar. Auf dringende Bitte der Bischöfe vermied Franziskus damals, das Wort "Rohingya" in den Mund zu nehmen. Trotzdem verstanden die Menschen seine Appelle für Frieden.


Papst Franziskus / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
KNA
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