Ökonom sieht Kirchensteuersystem kommt ab 2025 unter Druck

Mehr Transparenz und Mitbestimmung

Nach Ansicht des Freiburger Ökonomieprofessors Lars Feld wird das deutsche Kirchensteuersystem in wenigen Jahren unter großen Druck geraten. "Effizienzreserven" beim kirchlichen Vermögen sollten schnell mobilisiert werden.

Kirchensteuer / © Christian Ohde (epd)
Kirchensteuer / © Christian Ohde ( epd )

Weil ab 2025 die geburtenstarken Jahrgänge das Rentenalter erreichen, sei absehbar, dass dann die Kirchensteuereinnahmen stark zurückgehen würden, sagte Feld beim Katholikentag in Stuttgart. Nun müssten rasch die "Effizienzreserven" beim kirchlichen Vermögen und beim Personal mobilisiert werden. Allerdings nehme er wahr, dass die Bereitschaft zu Veränderungen in dieser Hinsicht noch gering sei, weil die Einnahmen seit 2009 regelmäßig gestiegen seien. Man habe lange in "goldenen Jahren" gelebt.

Kirchensteuer zwingt zu Transparenz

Feld verteidigte gleichwohl das bestehende Kirchensteuersystem. Es sei relativ effizient und wegen der eingebauten Progression für Besserverdienende auch gerecht. "Um dieses System ändern zu wollen, bräuchte man sehr gute Argumente, die sehe ich nicht!", betonte Feld, der auch als Berater von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) tätig ist. Auch zwinge die Kirchensteuer die Kirchen zu einer gewissen Transparenz, nicht zuletzt gegenüber dem Staat.

Pater Manfred Kollig / © Julia Steinbrecht (KNA)
Pater Manfred Kollig / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Der Berliner Generalvikar Manfred Kollig verteidigte die Kirchensteuer, weil sie der Kirche Planungssicherheit gebe und weil sie solidarisch organisiert sei. Die von Kritikern des deutschen Systems vorgeschlagene Übernahme des italienischen Systems der Kirchenfinanzierung erteilte Kollig eine Absage. "Wenn wir das italienische System übernähmen, hätte die katholische Kirche nicht mehr sechs Milliarden Euro im Jahr zur Verfügung, sondern nur noch eine Milliarde. Das hätte Konsequenzen!"

In Italien müssen alle Steuerzahler 0,8 Prozent ihrer Einkommenssteuer einem guten Zweck widmen, die meisten wählen als Empfänger die katholische Kirche.

Kein Zusammenhang zu schnelleren Reformen

Statt für einen Systemwechsel plädierte Kollig für mehr Transparenz und mehr Mitbestimmung bei der Verwendung der Kirchensteuer. Die Gläubigen ermunterte er, auch bei den Bischöfen mehr Druck in diese Richtung zu machen. Die Erwartung, dass ein Rückgang der Kirchensteuern durch massenhafte Austritte zu schnelleren Reformen in der katholischen Kirche führen werde, teile er jedoch nicht.

Kirchensteuer

In Deutschland ist die Kirchensteuer eine gesetzlich festgelegte Abgabe der Kirchenmitglieder an ihre Religionsgemeinschaft. In der Regel beträgt sie neun Prozent der Lohn- oder Einkommensteuer, in Baden-Württemberg und Bayern acht Prozent. Sie wird auch auf Kapitalerträge erhoben. Rentner und Pensionäre zahlen Kirchensteuer nur, wenn sie Einkommensteuer zahlen.

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Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie, wandte sich ebenfalls gegen die Abschaffung des deutschen Kirchensteuersystems. Wenn es wegfiele, käme nicht gleich eine Spendentradition wie etwa in den USA zustande. Sie kritisierte, dass die Kirche im Finanzbereich nicht immer ihre eigenen moralischen Ansprüche erfülle. "Es gibt immer noch Bischöfe, die sich den heutigen Standards von Corporate Governance und Compliance verweigern. Sie treiben damit die Kirche in eine immer tiefere Legitimationskrise", kritisierte Müller.

Die ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete sitzt als Laienmitglied im Verwaltungsrat des Verbands der Diözesen Deutschlands (VDD). Dieser Verband trägt und finanziert die bundesweiten Aktivitäten der deutschen Bistümer.

Quelle:
KNA
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