Nach Wielgus-Rücktritt: "Vergangenheit wird aufgearbeitet"

Erzbischof glaubt an Wende in Polen

Der Erzbischof von Gnesen, Henryk Muszynski, erwartet eine stärkere Aufarbeitung der Geheimdienst-Kontakte katholischer Würdenträger in Polen. Durch den Rücktritt des belasteten Warschauer Erzbischofs Stanislaw Wielgus sei eine Wende eingetreten, sagte Muszynski zur Katholischen Nachrichten-Agentur. Die polnischen Bischöfe kamen am selben Tag zu einer Sondersitzung zusammen, um über die Konsequenzen aus der Geheimdienst-Debatte zu beraten.

 (DR)

Katholischen Nachrichten-Agentur
"Druck des Geheimdienstes war groß"
Muszynski gilt als einer der profiliertesten Vertreter des polnischen Episkopats. Er räumte ein, dass die Situation der Kirche in Polen nach dem spektakulären Amtsverzicht sehr schwierig sei. Wegen der Kontakte von Kirchenvertretern mit dem kommunistischen Geheimdienst SB habe sie als moralische Instanz Schaden genommen.

Zugleich warb der Erzbischof um Verständnis für die Verstrickung mancher Kirchenvertreter. Wer in der DDR gelebt habe, wisse, wie groß der Druck des Geheimdienstes und wie hinterlistig seine Mitarbeiter gewesen seien. Sie hätten besonders die Priester für sich gewinnen wollen, da die Kirche die einzige unabhängige und freie Institution im kommunistischen Polen gewesen sei. Zum Teil sei es ihnen gelungen. Es habe aber auch Märtyrer gegeben, einige Morde an Priestern seien bis heute nicht geklärt.

Bei der Klärung der Geheimdienst-Kontakte forderte Muszynski die Achtung bestimmer Prinzipien ein. So müsse das Recht aller auf Einsicht in die Geheimdienst-Akten und das Recht zur Verteidigung gelten, zudem die Unschuldsvermutung, solange dem Angeklagten nicht das Gegenteil bewiesen sei.