Generalaudienz Papst Benedikt XVI.: Anspielung auf Wielgus?

Papst betont Verantwortung bei kirchlichen Ernennungen

Papst Benedikt XVI. hat an die Verantwortung bei der Besetzung kirchlicher Ämter erinnert. Personalentscheidungen müssten mit Urteilsvermögen getroffen werden, sagte der Papst bei seiner wöchentlichen Generalaudienz am Mittwoch im Vatikan. Dabei zitierte er eine biblische Anweisung aus einem Paulus-Brief: "Lege niemandem vorschnell die Hände auf!" Die Äußerung des Papstes stand im Kontext einer Predigtreihe über das frühe Christentum. Auch wenn Benedikt XVI. mit keinem Wort den Rücktritt des Warschauer Erzbischofs Stanislaw Wielgus erwähnte, deuteten Beobachter seine Worte als indirekte Anspielung.

 (DR)

Wielgus war nur zwei Tage nach Übernahme seiner Amtsgeschäfte zurückgetreten, nachdem er eine Zusammenarbeit mit der kommunistischen Geheimpolizei einräumte. Auch in seinen polnischen Grußworten ging der Papst nicht näher auf die aktuelle Krise in der polnischen Kirche nach dem Rücktritt des Warschauer Erzbischofs ein. "Der Glaube, die Liebe und die Weisheit möge alle Gläubigen Polens einigen", sagte Benedikt XVI.

Sozialengagement nicht von Glaubensverkündigung trennen
In den Mittelpunkt seiner Ansprache stellte der Papst die Figur des Märtyrers Stephanus. Sein Beispiel zeige, dass sozialer und karitativer Einsatz nicht von der Verkündigung des Evangeliums getrennt werden könnten. Stephanus sei ein Vorbild, nicht vor Schwierigkeiten zurückzuschrecken.

Der Papst im Wortlaut
"Dass es sich um eine wichtige Handlung dreht, zeigt sich, wenn man den ersten Timotheusbrief liest: 'Lege keinem vorschnell die Hände auf und mach dich nicht mitschuldig an fremden Sünden (5,22). Die Apostelgeschichte berichtet uns vom heiligen Stephanus an der Spitze der sieben Diakone der Jerusalemer Gemeinde. Die Bezeichnung 'Diakon' ist hier aber noch nicht im engen hierarchischen Sinn zu verstehen wie bei den späteren Pastoralbriefen. Die Apostel wählten bewährte Männer als Helfer für den christlichen Liebesdienst aus, um sich uneingeschränkt der Verkündigung des Wortes widmen zu können. Zum Zeichen der Beauftragung mit diesem Dienst und der Bitte um die dafür notwendige Gnade legten die Apostel den Diakonen die Hände auf. Stephanus sah über den karitativen Bereich hinaus seine Aufgabe auch in der Evangelisierung. Seine Predigt und sein klares Bekenntnis zu Jesus Christus, dem erhöhten Herrn, besiegelte er mit der Hingabe seines Lebens. Als erster Märtyrer für Christus betete er, nach dem Vorbild Jesu, noch im Sterben für seine Verfolger. Die Verfolgung der jungen Kirche von Jerusalem gab den Jüngern Jesu den Anstoß, die Botschaft Christi in die Welt hinauszutragen. Und Paulus, der bei der Steinigung des Stephanus zugegen war, führte nach seiner Bekehrung dessen Verkündigung des Reiches Gottes fort."

Besondere Bitte an die deutschsprachigen Pilger
"Der heilige Stephanus zeigt uns, daß unser sozialer und karitativer Einsatz nicht von der mutigen Verkündigung des Glaubens getrennt werden kann. Er helfe uns, nicht vor Schwierigkeiten und Anfeindungen zurückzuschrecken, sondern darin die Chance zum Zeugnis für Christus zu sehen. Der Heilige Geist stärke und leite euch!"