Experte im domradio-Interview: "Katastrophe für Kirche"

Die Katholische Kirche in Polen ist schon lange gespalten

Nach dem Rücktritt des Warschauer Erzbischofs Stanislaw Wielgus hat der Polen-Experte der Bertelsmann Stiftung Dr. Dominik Hierlemann im domradio-Interview auf die Spaltung der Katholischen Kirche in Polen hingewiesen, die sich nun auch bei der Suche nach einem Nachfolger zeige.

 (DR)

"Papst Johannes Paul II. war die verbindende Klammer"
Die Kirchenspaltung in Polen habe schon vor langer Zeit stattgefunden, so Hierlemann. In Deutschland sei sie erst bei der Frage eines EU-Beitritts Polens offensichtlich geworden. "Auf der einen Seite gibt es die europafeindlichen Kreise um Radio Maria und zahlreiche Bischöfe. Auf der anderen das westorientierte, katholisch-intellektuelle Milieu.Der Vorsitzende der Bischofskonferenz Erzbischof Michalik sei ein möglicher Kandidat des konservativen Lagers. Auf der anderen Seite stehe der Lubliner Erzbischof Zycinski als 'gewagte' Möglichkeit." Mit dem Tod Papst Johannes Paul II. vor zwei Jahren sei die beide Lager verbindende Klammer weggefallen. Ein deutscher Papst könne das nicht mehr leisten.

Die Lage der polnischen Kirche hält der Wissenschaftler für verheerend. "Der Fall Wielgus ist eine Katastrophe. Eine Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit hat bis heute nicht stattgefunden. Das muss nun im Sauseschritt nachgeholt werden." "Für das zukünftige Verhältnis zwischen Kirche und Politik in Polen war die Vatikan-Entscheidung notwendig."

Doktorarbeit zum "Lobbying der katholischen Kirche in Polen"
Dominik Hierlemann hat über das "Lobbying der katholischen Kirche in Polen" promoviert. Dabei hat er zahlreiche Interviews mit Bischöfen und Spitzenpolitikern durchgeführt. Wider Erwarten sei er meist auf "offene Türen" gestoßen. Mancher Bischof habe sogar "aus dem Nähkästchen" geplaudert. Hierlemann ist bei Bertelsmann Stiftung Projektmanager für Internationale Verständigung.