Weiterer Priester-Rücktritt in Polen

Der Fall Wielgus zieht Kreise

Nach neuen Berichten ist nun ein prominenter Pfarrer zurückgetreten. Auch bei anderen Priestern und hohen Geistlichen besteht weiterhin der Verdacht, dass sie Kontakte zum Geheimdienst hatten. Zahlreiche Geistliche aus dem Freundeskreis des Krakauer Kardinals Dziwisz etwa seien vom Geheimdienst systematisch zur Zusammenarbeit gedrängt worden, berichtet "Newsweek Polska". Das Interesse der Sicherheitsbehörden kam nicht von ungefähr: Dziwisz war erst der Kaplan von Karol Wojtyla und nach dessen Wahl zum Papst sein persönlicher Assistent.

 (DR)

Keine weiteren Enthüllungen erwartet Renovabis-Referent Martin Buschermöhle. "Der Fall Wielgus ist ein Einzelfall. Natürlich hatten die allermeisten Bischöfe Kontakte zu Staat und Geheimdienst - aber daraus kann man keine Zusammenarbeit ableiten."
Martin Buschermöhle ist Polenreferent bei Renovabis, der Solidaritätsaktion der deutschen Katholiken mit den Menschen in Mittel-, Südost- und Osteuropa.

Weiterer Priester-Rücktritt in Polen
Nach neuen Medienenthüllungen ist am Montag der Pfarrer der Krakauer Schlosskathedrale Infulat Janusz Bielanski zurückgetreten. Kardinal Stanislaw Dziwisz habe den Rücktritt angenommen, teilte der Sprecher der Erzdiözese Krakau, Robert Necek, mit. Auch ihm werden Kontakte zum kommunistischen Geheimdienst SB vorgeworfen.

Die polnische Wochenzeitung "Newsweek Polska" berichtete am Montag über weitere Fälle von Priestern, die mit dem SB zusammengearbeitet hätten. Einer davon soll Bielanski gewesen sein. Über seine Kontakte hatte bereits im vergangenen Februar das Nachrichtenmagazin "Wprost" berichtet.

Die Newsweek-Titelstory trägt den Titel "Gespräche der Priester mit dem Teufel". Darin werden weitere Geistliche erwähnt, die mit dem früheren Papstsekretär Dziwisz befreundet waren. Sie seien über Jahre hinweg von Geheimdienst-Offizieren bedrängt worden. Erpressung, Drohungen oder Privilegien hätten zwar in nicht wenigen Fällen zum Erfolg geführt, so das Nachrichtenmagazin weiter. Allerdings habe keiner von ihnen wichtige Informationen preisgegeben.

Doppeltes Spiel möglich
Anders sei wahrscheinlich der Fall des 1991 verstorbenen Bischofs Jerzy Dabrowski gelagert gewesen, schreibt ein Mitarbeiter des "Instituts der Nationalen Erinnerung" (IPN), Tadeusz Witkowski, in der aktuellen Ausgabe von "Wprost". Dabrowski war ein enger Mitarbeiter des polnischen Primas, des Kardinals Stefan Wyszynski (1901-1981).

Aus den Untersuchungen der im IPN, dem polnischen Gegenstück der Birthler-Behörde, aufbewahrten Akten geht laut "Wprost" hervor, dass Dabrowski dem Geheimdienst unter anderem Berichte aus den Sitzungen der Polnischen Bischofskonferenz während des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) habe zukommen lassen. Der Autor lässt aber offen, ob Dabrowski vielleicht "sein eigenes Spiel gespielt" habe. Die römische Vertretung des polnischen Geheimdienstes sei nicht vollständig von Dabrowskis Loyalität überzeugt gewesen, so Witkowski.