Klage gegen Corona-Maßnahmen in slowakischen Kirchen

"Unverhältnismäßiger Eingriff" in Religionsfreiheit

In der Slowakei waren öffentliche Gottesdienste in der Coronapandemie mehr als vier Monate lang verboten. Gegen dieses Verbot klagt jetzt der EU-Kommissar für Religionsfreiheit. Es sei "illiberal und undemokratisch" gewesen.

Teilweise abgesperrte Kirchenbänke während der Corona-Pandemie / © Maria Irl (KNA)
Teilweise abgesperrte Kirchenbänke während der Corona-Pandemie / © Maria Irl ( KNA )

Der frühere EU-Kommissar und EU-Sonderbeauftragte für Religionsfreiheit, Jan Figel, klagt vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gegen staatliche Corona-Restriktionen für religiöse Versammlungen in seinem Heimatland Slowakei. Hintergrund sind die teils monatelangen Verbote öffentlicher Gottesdienste während der Corona-Pandemie.

Jan Figel / © Lisa Konstantinidis (KNA)
Jan Figel / © Lisa Konstantinidis ( KNA )

Der Gerichtshof in Straßburg habe die bereits im März 2021 eingebrachte Beschwerde Figels zugelassen und der slowakischen Regierung die Klage zugestellt, teilte die in Wien ansässige Menschenrechtsorganisation ADF International am Donnerstag mit. Wann in dem Fall eine Entscheidung getroffen wird, ist vorerst nicht absehbar.

Gottesdienstverbote "illiberal und undemokratisch"

Die zur Bekämpfung der Pandemie verhängten staatlichen Einschränkungen für Kirchen und Religionsgemeinschaften waren in der Slowakei besonders massiv und führten zu scharfen Kontroversen. So durften in der ersten Jahreshälfte 2021 viereinhalb Monate lang keine öffentlichen Gottesdienste in slowakischen Kirchen stattfinden. Von Januar bis Anfang April 2021 mussten die Gotteshäuser generell geschlossen bleiben.

Verbote von Gottesdiensten seien ein "unverhältnismäßiger Eingriff in das Recht auf Religionsfreiheit", argumentiert Figel in der EGMR-Beschwerde. "Jeder hat das Recht, seinen Glauben auszuüben. Menschen dies zu verbieten, ist zutiefst illiberal und undemokratisch." Dass Gottesdienstverbote eine Verletzung der Religionsfreiheit darstellen, hätten Gerichtsentscheidungen etwa in Deutschland oder Frankreich gezeigt, so der ehemalige EU-Sonderbeauftragte. Nur in seltenen Fällen und unter besonders strengen Kriterien dürften Staaten die Religionsfreiheit ihrer Bürger einschränken. Diese seien in diesem Fall nicht erfüllt gewesen.

Gottesdienste als wichtige Orientierungshilfe

In dem Verfahren wird Figel von ADF International unterstützt. Gottesdienste seien für viele Menschen gerade in Krisenzeiten ein wichtiger Orientierungspunkt, erklärte eine Sprecherin der Menschenrechtsorganisation. "Religionsfreiheit gegen öffentliche Gesundheit auszuspielen, ist falsch", betonte sie.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ist beim Europarat angesiedelt. Die Straßburger Richter urteilen über Beschwerden einzelner Personen sowie Personengruppen und Staaten, die sich auf Verletzungen der in der Europäischen Menschenrechtskonvention anerkannten Rechte beziehen.

Quelle:
KNA