Kirchentag debattiert über weltweite Wirtschaftskrise

"Wir sind noch nicht über den Berg"

Für Altbundeskanzler Helmut Schmidt ist ein rasches Ende der Wirtschafts- und Finanzkrise nicht in Sicht. "Wir sind noch lange nicht über den Berg", sagte der 90-Jährige am Donnerstagabend auf dem evangelischen Kirchentag in Bremen. Er forderte langfristige Strategien zur Lösung der Probleme. Auch am Freitag stehen Debatten über Wege aus der Krise auf dem Programm des Christentreffens.

 (DR)

Schmidt sagte, neben der Sanierung von Banken sei es wichtig, das Vertrauen in die Finanzmärkte wieder herzustellen. Darüber hinaus müsse die Nachfrage weiter angekurbelt werden. Der auf dem Kirchentag umjubelte Altkanzler lobte entsprechende Schritte der Politik.

Weltbankpräsident Robert B. Zoellick rief im Gespräch mit Schmidt dazu auf, arme Länder stärker zu unterstützen. Die Krise bedrohe das Leben von zwei Millionen Babys in Entwicklungsländern: «Es wäre eine Tragödie, wenn die ärmsten Länder den teuersten Preis bezahlen müssten.»

Zum Kirchentag wird für Freitag Friedensnobelpreisträger Martti Ahtisaari erwartet. Der ehemalige finnische Staatspräsident hält einen Vortrag über «Politik und Freiheit». Auch werden Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD), IG-Metall-Chef Berthold Huber und der Wirtschaftswissenschaftler Peter Bofinger den Kirchentag besuchen. Das fünftägige Protestantentreffen mit rund 100.000 Dauerteilnehmern steht unter der biblischen Losung «Mensch, wo bist du?». Es dauert bis Sonntag.

Am Donnerstag waren zahlreiche Bundespolitiker auf dem Kirchentag aufgetreten, unter ihnen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). SPD-Chef Franz Müntefering sagte bei einem Auftritt am Abend, er erlebe Kirchentage als «Tankstellen für Politiker». Er fühle sich gut auf den Protestantentreffen, weil er dort durchatmen und auftanken könne. Hier habe er Zeit für Gespräche, ohne politische Statements abgeben zu müssen.

Die Kirchen können nach Einschätzung Münteferings einen Beitrag zur Überwindung der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise leisten. Das Christentum insgesamt müsse Wert darauf legen, «dass nicht in der vorgeführten Weise mit Geld umgegangen werden darf», sagte Müntefering dem Bremer «Weserkurier» (Freitagsausgabe). «Das Geld und die Wirtschaft müssen für den Mensch da sein, nicht umgekehrt», betonte Müntefering. Er sei sicher, dass «Christ sein und Sozialdemokrat sein da zur selben politischen Überzeugung führt».

In der aktuellen Lage hätten die Kirchen als globale Organisationen einen großen Vorteil. «Insofern glaube ich, dass sie eher an Gewicht gewinnen in dieser Welt», sagte der SPD-Chef.

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