Fünf Tage Glaube, Politik und Party: Zum Evangelischen Kirchentag in Bremen werden 100.000 Teilnehmer erwartet

Ludi incipiant

Jubiläen und Premieren bestimmen den 32. Deutschen Evangelischen Kirchentag, der heute in Bremen beginnt. Erstmals tagt das Christentreffen in Deutschlands kleinstem Bundesland im Nordwesten der Republik, erstmals ist das Motto als Frage formuliert ("Mensch, wo bist du?"), erstmals treten zwei Kanzler beim Kirchentag auf, und zum ersten Mal soll es einen "Trialog" zwischen Juden, Christen und Muslimen geben.

 (DR)

Zwischen den blauen Buchdeckeln des 560 Seiten starken Programms verbergen sich mehr als 2.500 Veranstaltungen zu den Schwerpunkten Globalisierung, Klimawandel, Ökumene und interreligiöser Dialog. Zur Auseinandersetzung mit diesen Themen, aber auch zum ausgelassenen Feiern tummeln sich bis Sonntag rund 100.000 Dauerteilnehmer und weitere Tagesgäste in der Bremer Innenstadt und in Bremerhaven.

Dabei wird es bei den Foren, Bibelarbeiten, Gottesdiensten, Konzerten und Festen auch um die vielen Jahrestage gehen: 500. Geburtstag des Reformators Johannes Calvin, 200. Geburtstag des Evolutionswissenschaftlers Charles Darwin, 60 Jahre Kirchentag, 60 Jahre Grundgesetz und schließlich 20 Jahre Mauerfall bestimmen die Agenda. Dazu werden mehr oder minder prominente Vertreter aus Politik, Kirche, Religionen und Gesellschaft ihren Beitrag leisten. Die Kosten des Treffens von etwa 13 Millionen Euro tragen je zur Hälfte der Kirchentag und das Bundesland Bremen.

Am Samstag wird wohl die gesamte politische Kaste in Berlin sein, um dort den Bundespräsidenten zu wählen. Doch hält das amtierende Staatsoberhaupt Horst Köhler, bekennender Protestant, bei der Eröffnung am Mittwochabend ein Grußwort. Und seine Kontrahentin, die von der SPD nominierte Katholikin Gesine Schwan, referiert am Donnerstagnachmittag zum Thema «Aufstieg durch Bildung?!».

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht mit dem britischen Historiker Timothy Garton Ash über «Menschenwürde und Demokratie», während ihr Vorgänger Helmut Schmidt (SPD) mit dem Präsidenten der Weltbank, Robert Zoellick, die «Verantwortung in der globalen Krise» beleuchtet. Darüber hinaus treten Bundestagspräsident Norbert Lammert, Außenminister und SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier, Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und weitere Kabinettsmitglieder auf. Ebenso kommen der finnische Friedensnobelpreisträger Martti Ahtisaari sowie zwei Trägerinnen des Alternativen Nobelpreises, Dekha Ibrahim Abdi aus Kenia und Vandana Shiva aus Indien.

Für bunte Akzente im Kirchentagsprogramm sorgen die Kölner A-cappella-Gruppe «Wise Guys», Hartmut Engler von «Pur» und Thomas D., Solostar der «Fantastischen Vier». Zudem gibt es Theater, Kabarett und Kleinkunst. Ein Konzert des Klezmer-Klarinettisten Giora Feidman oder auch «Händels Messias zum Mitsingen» runden das kulturelle Spektrum ab.

Weiter verspricht das Bremer Treffen sehr viel Bewegung. Es soll zwar ein «Kirchentag der kurzen Wege» sein, doch haben die Veranstalter mit ihrer Kampagne «Fahrradfreundlicher Kirchentag» die Richtung gewiesen. Für die Initiative erhielt der Senat bereits den Fahrradpreis «best for bike 2009». Und: Die Bremer wollen ihre maritime Lage ausspielen und einen «Kirchentag der Schiffe» veranstalten. Dazu kommen - quasi im Schlepptau der Kirchentagspräsidentin - unter anderem die Flussschifferkirche und das Museumsschiff «Cap San Diego» aus Hamburg.

Traditionell spielt die Ökumene beim Kirchentag eine wichtige Rolle. So haben katholische Gemeinden und Gruppen Veranstaltungen vorbereitet oder stellen Räume zur Verfügung. Auch nehmen eine Reihe von katholischen Bischöfen teil, darunter der Bischofskonferenz-Vorsitzende, Erzbischof Robert Zollitsch. Schließlich ist das Bremer Treffen die letzte Wegmarke vor dem Zweiten Ökumenischen Kirchentag 2010 in München.