Kardinal Woelki staunt über den Gottessohn "auf Augenhöhe"

Keine Menschenwürde ohne Menschwerdung

Weihnachten ist im wahrsten Sinne des Wortes "unglaublich", predigt Kardinal Woelki im Kölner Dom. Doch Gott hat alle Register gezogen, damit wir an ihn glauben können und verstehen: Wir sind "leibhaftige Sprache seiner Liebe".

Pontifikalamt am ersten Weihnachtstag 2024 mit Kardinal Woelki / © Nicolas Ottersbach (DR)
Pontifikalamt am ersten Weihnachtstag 2024 mit Kardinal Woelki / © Nicolas Ottersbach ( DR )

Was ist der Mensch? Und warum hat "Gott ihn mit Pracht und Herrlichkeit gekrönt"? Diese existenzielle Frage stellt Kardinal Woelki am Morgen des ersten Weihnachtstages in den Mittelpunkt seiner Predigt.

Mit seiner Menschwerdung zeigt Gott uns, dass er nicht nur mit uns und für uns da ist, "noch mehr, er ist einer von uns geworden". Gott schickt nicht einfach noch einen weiteren Propheten, der davon spricht, wie Gott ist. Sondern er tut das Unglaubliche und wird selbst Mensch. Er spricht wie wir und er sieht aus wie wir.

"Eine bessere, eine schönere, eine größere Botschaft als die gibt es nicht," ist der Kölner Erzbischof überzeugt. Denn Weihnachten übersetzte die Sprache des "Ewigen Wortes" in unsere "irdische Grammatik". Durch die Menschwerdung können wir erkennen und begreifen, dass "Gott ist, wie Jesus war."

Der Mensch als "Selbstübersetzung Gottes in die Welt"

Die Menschwerdung habe aber auch Konsequenzen für unseren Blick auf uns selbst, so Kardinal Woelki. Dass Gott im "Gottmenschen Jesus Christus" zu uns gesprochen hat zeigt: "Wir alle sind von Gott gedacht, gewollt und geschaffen als leibhaftige Sprache seiner Liebe."

Die Weihnacht rufe uns damit in Erinnerung, dass wir Gottes Ebenbild sind. Wir Menschen sind "Selbstübersetzung Gottes in die Welt". Und daraus erwächst die "unbeschreibliche Würde eines jeden von uns, ganz gleich, ob Frau, Mann oder Kind, ob reich oder arm, ob weiß oder schwarz, ob Christ oder Nicht-Christ".

Wer sich an einem Menschen als Gottes Ebenbild vergreife, so der Kölner Erzbischof, der vergreife sich im letzten auch "am Urbild", an Gott selbst. "Daher hat auch niemand das Recht, über menschliches Leben zu verfügen, weder über das ungeborene Leben noch über das altgewordene oder kranke."

Jesus Christus, der Quell des "einzig wahren Humanismus"

Ohne Menschenwürde könne es keine Menschenrechte geben, stellt Kardinal Woelki am Weihnachtsmorgen klar. "Und Menschenwürde kann nur gut genug begründet werden von der Menschwerdung Gottes, von Jesus Christus her", ist er überzeugt.

Ein Mensch zu werden sei nicht allein ein göttliches Phänomen, sondern sie vollende sich auch in jedem Menschen selbst. "Durch unsere Umgestaltung, durch unsere Transfiguration in Jesus Christus, werden wir Ebenbilder Gottes." Durch die Zwiesprache des Gebetes, durch das Gehen "in seine Schule" und "auf den Wegen des Evangeliums", dürfen wir diesem Geheimnis näherkommen.

Der "einzig wahre Humanismus" und jede Menschenwürde könne allein von Jesus Christus ausgehen, dem menschgewordenen Ewigen Sohn Gottes, folgert Kardinal Woelki.

Gottes Auftrag an uns und seine Kraft für uns

Die Kirche dränge ihre Gläubigen dazu, diese christliche Menschlichkeit mit Leben zu füllen. "Diese Welt soll heller werden", ruft der Kardinal der Gläubigen im Kölner Dom zu, "diese Welt soll menschlicher werden." Sei es dadurch, dass wir "einander täglich mit den kleinen Lichtern der Güte begegnen" oder dadurch, dass wir einander die Aufmerksamkeit des Herzens schenken".

Die Kraft für diese Taten der Liebe ströme uns zu "aus dem Entgegenkommen Gottes". Und auch wenn uns immer wieder bewusstwerde, wie wenig wir uns selbst verstehen, so können wir aus dem weihnachtliche Geheimnis Jesu Christ lernen, "wie sich das lebt: Mensch."



DOMRADIO.DE hat am ersten Weihnachtstag um 10 Uhr das Pontifikalamt aus dem Kölner Dom mit Rainer Maria Kardinal Woelki übertragen. Es sang der Kölner Domchor unter der Leitung von Simon Schuttemeier und Domkapellmeister Alexander Niehues.

Im Gottesdienst erklang die Missa brevis in B von Christopher Tambling sowie Werke von Hans Georg Pflüger, John Rutter und David Willcocks. Zum Einzug sang die Choralschola den gregorianischen Eröffnungsvers "Puer natus est". Die Orgel spielte Winfried Bönig.


Erste Lesung am Weihnachtstag: Jesaja 52,7-10

Wie willkommen sind auf den Bergen die Schritte des Freudenboten, der Frieden ankündigt, der eine frohe Botschaft bringt und Heil verheißt, der zu Zion sagt: Dein Gott ist König. Horch, deine Wächter erheben die Stimme, sie beginnen alle zu jubeln. Denn sie sehen mit eigenen Augen, wie der HERR nach Zion zurückkehrt. Brecht in Jubel aus, jauchzt zusammen, ihr Trümmer Jerusalems! Denn der HERR hat sein Volk getröstet, er hat Jerusalem erlöst. Der HERR hat seinen heiligen Arm vor den Augen aller Nationen entblößt und alle Enden der Erde werden das Heil unseres Gottes sehen.


Impuls zur Lesung

Wie willkommen sind die Schritte des Freudenboten! Eine Schlüsselstelle für das Neue Testament. Im Frohbotschafter, euangelizómenos in der griechischen Übersetzung der Septuaginta (2. Jh. v. Chr.), hat unser Wort Evangelium seinen alttestamentlichen Widerhalt. Dabei handelt es sich, wenn man genau hinschaut, um keine zufällige Verbindung. Ja, man kann diese Stelle, wie es liturgisch mit der Lesung an Weihnachten auch geschieht, als Kurzfassung von Jesu Botschaft begreifen. "Dein Gott ist König!", darin ist sachlich ausgedrückt, was Jesus basileía tou theou, Königsherrschaft Gottes nennt (Mk 1,15 und öfter). Was der Zweite (Deutero-)Jesaja damit verbindet, umfasst genau das, was Jesus mit seinem Evangelium bewirkt: Das Heil, den Trost, die Erlösung verkündet er nicht nur, er bringt sie den Menschen.

Quelle: Magnificat - das Stundenbuch

Quelle:

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