Debatte über Impfzwang für bestimmte Berufsgruppen

"Immer nur die zweitbeste Lösung"

Die mögliche Einführung einer Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen wird bei Berufs- und Sozialverbänden unterschiedlich gesehen. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz warnte in diesem Zusammenhang gar vor einer Personalflucht.

Autor/in:
Christoph Arens
Pflegepersonal im Krankenhaus / © Rob Engelaar/ANP (dpa)
Pflegepersonal im Krankenhaus / © Rob Engelaar/ANP ( dpa )

Der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Steffen Kampeter, kann sich eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen vorstellen: "Gerade für Mitarbeiter, die mit gefährdeten Personengruppen arbeiten, ist die Bereitschaft zur Impfung ein Zeichen von Pflichtgefühl und Rücksichtnahme auf ihre Mitmenschen", sagte er der "Rheinischen Post" (Mittwoch).

Eine gesetzliche Impfpflicht sei immer nur die zweitbeste Lösung. "Sie darf aber nicht von vornherein ausgeschlossen werden."

Pflegerat gegen Impfpflicht nur für Pflegekräfte

Die Präsidentin des Deutschen Pflegerats, Christine Vogler, wandte sich gegen eine Corona-Impfpflicht nur für Pflegekräfte. Anstatt auf bestimmte Berufsgruppen zu zielen, müsse "einrichtungsbezogen" vorgegangen werden, sagte sie am Dienstag im ZDF-"Morgenmagazin".

Auch Reinigungs- und Küchenkräfte sowie die Angehörigen hätten Kontakt zu den besonders verletzbaren Bewohnern.

Vogler betonte, die Impfquoten unter Pflegekräften seien bereits hoch. In den Krankenhäusern seien 90 bis 94 Prozent von ihnen gegen Corona geimpft, für die Pflegeheime gebe es Hinweise in ähnlicher Größenordnung. Sie forderte flächendeckende Tests auch für Geimpfte.

Der Präsident des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste, Bernd Meurer, sagte der "Welt", er sei grundsätzlich offen für eine Impfpflicht für Berufe, die eng mit besonders verletzlichen Menschen in Kontakt kommen. "Gleichzeitig ist es ein tiefer Eingriff in die Autonomie der Menschen, und es geht um deren Vertrauen in die Glaubwürdigkeit der Politik." Sein Verband vertritt mehr als 12.000 Mitgliedseinrichtungen in der Pflege, Behindertenhilfe und Kinder- und Jugendhilfe.

Der Bundesverband Ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen, der rund 1.000 zumeist privat geführte Pflegedienste und Heime vertritt, lehnt die Impfpflicht als "unverhältnismäßig" ab, weil die bestehenden Gefahren "mit regelmäßigen Testungen effektiv eingedämmt werden können", sagte die Bundesgeschäftsführerin Andrea Kapp. Der akute Personalmangel in der Pflege würde durch eine Impfpflicht weiter gesteigert werden.

Warnung vor Personalflucht

Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz warnt vor Personalflucht. Sollten sich wie in Großbritannien zehn Prozent der Altenpfleger nicht impfen lassen, könnten zwischen 100.000 und 120.000 Beschäftigte nicht mehr in der Altenpflege eingesetzt werden, sagte Vorstand Eugen Brysch.

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) lehnte eine Impfpflicht ebenfalls ab. "Erzieherinnen nehmen ihre Verantwortung gegenüber den Kindern wahr. Hier wird ein ganzer Berufsstand verunglimpft, weil es in der Breite der Gesellschaft nicht ausreichend gelingt, die Menschen vom Impfen zu überzeugen", sagte der VBE-Bundesvorsitzende Udo Beckmann.

Der Sozialverband VdK Deutschland drängte auf mehr Fakten. Präsidentin Verena Bentele sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Es wäre wichtig zu wissen, wie viele Pflegekräfte in Deutschland noch ungeimpft sind. Um die Pandemie wirksam zu bekämpfen, braucht es eine Grundlage für die weitreichende Entscheidung zu einer Impfpflicht für Gesundheits- und Pflegeberufe."


Quelle:
KNA
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