Im Heiligen Land fällt die Jahresbilanz bescheiden aus

Im Nahen Osten wenig Neues

Corona, Konflikte und mancherorts Entspannungen prägten 2021 in den verschiedenen Teilen des Heiligen Landes. Für Christen sind die weiter geschlossenen Grenzen besonders schmerzhaft. Denn die haben nicht nur den Weihnachtstourismus verhindert.

Blick auf die Türme der Dormitio-Abtei am 23. September 2021 in Jerusalem / © Andrea Krogmann (KNA)
Blick auf die Türme der Dormitio-Abtei am 23. September 2021 in Jerusalem / © Andrea Krogmann ( KNA )

Straßenkämpfe zwischen jüdischen und arabischen Israelis, erneute Kämpfe am Gazastreifen, Regierungswechsel in Israel, der Libanon vor dem Kollaps, der Papst auf Zypern und über allem: die Pandemie. Das Heilige Land hat 2021 erneut ein Jahr mit Brandherden und Krisen durchlebt, aber auch Entspannungen an anderen Fronten.

Covid-19: Das alles dominierende Thema macht auch vor dem Heiligen Land nicht Halt. In seinen arabischen Teilen dümpeln die Impfquoten irgendwo zwischen 16 (Ägypten) und 37 Prozent (Jordanien), was auch mit Impfskepsis in der Bevölkerung zusammenhängt. In Israel hat die massive Impfstrategie dazu geführt, dass das Land im Frühjahr zu einer gewissen Normalität zurückgefunden hat. Eine vierte Welle im Sommer wurde durch rasche Drittimpfungen glimpflich abgefangen.

Politisch ein wenig friedliches Jahr

Nicht entspannt hat sich die Lage in einem für einheimische Christen zentralen Bereich, dem Tourismus. Nach einer kompletten Abriegelung wurden zum November die Landesgrenzen für geimpfte Reisende wieder geöffnet. Die Hoffnung auf eine Rückkehr der Pilger zu Weihnachten wurde jedoch von der Omikron-Variante durch erneute Grenzschließung zunichte gemacht. Die Maßnahmen gelten zunächst bis 13. Dezember; doch die Ungewissheit hat bereits jetzt viele Gruppen stornieren lassen.

Nicht auf die Beine kommt das Sorgenkind der Region, der Libanon. 13 Monate dauert die jüngste Regierungsbildung, und gerade ein Monat im Amt, setzte die Regierung ihre Sitzungen schon wieder aus - im Streit über die Aufklärung der Explosion im Hafen von Beirut und den mit ihr beauftragten Richter. Auch die nächsten Wahlen heizen das politische Klima auf. Vordergründig ist es der Wahltermin, der für Unstimmigkeiten sorgt. Im Hintergrund schachern alte Machthaber um neue Kandidaten. Das Land blutet unterdessen aus; wirtschaftlich, aber auch durch Abwanderung jener, die es sich noch leisten können.

Friedlich ist es im Heiligen Land nicht geblieben. Anfang Mai eskalierte die Gewalt zwischen Israelis und Palästinensern gefährlich. Raketenbeschuss auf Israel aus dem Gazastreifen führte zu erneuten Militäroffensiven. Dazu kamen Zusammenstöße zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften sowie gewaltsame Ausschreitungen von Radikalen beider Seiten. Bürgerkriegsähnliche Szenen in vielen Städten prägten über Wochen das Bild.

Machtwechsel in Israel tut der ganzen Region gut

Die im Juni vereidigte neue Regierung hat einen wackeligen Waffenstillstand und schwelende alte Konflikte übernommen. Die breite Acht-Parteien-Koalition unter Naftali Bennett, der nach zwei Jahren als Ministerpräsident seinen Platz mit Außenminister Jair Lapid tauschen wird, umfasst erstmals auch eine arabische Partei - und zeigte sich im ersten halben Jahr an der Macht weit weniger zerbrechlich als zunächst prophezeit. Spürbar geändert hat sich vor allem eines: Statt der zuletzt massiven populistischen Hetze eines Benjamin Netanjahu ist der Ton sachlicher geworden.

Das schlägt sich auch in einem besseren Verhältnis zu Jordanien nieder, das unter Netanjahu zuletzt sehr gelitten hatte. Der Enthusiasmus für die "Abraham-Abkommen" mit weiteren arabischen Ländern hält unter Bennett und Co. an. Nach vier Jahren Funkstille gab es erstmals auch wieder Gespräche mit dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas. Israelische Lockerungsgesten gegenüber Gaza geschahen eher im Stillen, dürften aber ebenfalls zu Entspannungen geführt haben. Zwei palästinensische Gewaltakte in und um die Jerusalemer Altstadt schürten zuletzt jedoch Ängste vor einer neuen Welle der Gewalt.

Viele Wechsel an kirchlichen Posten

Neben dem Amtsantritt von Erzbischof Adolfo Tito Yllana als neuer Papstbotschafter im Oktober rollte auch sonst im lateinischen Heiligen Land das Personalroulette. Patriarch Erzbischof Pierbattista Pizzaballa besetzte im Juli alle wesentlichen Stellen in seinem Bistum neu. Aus deutscher Sicht der interessanteste Wechsel: Der Benediktiner Nikodemus Schnabel von der Jerusalemer Dormitio-Abtei wurde Patriarchalvikar für die Migrantenseelsorge.

Migranten und Flüchtlinge standen auch im Fokus des wohl wichtigsten Heilig-Land-Besuchers 2021 aus Kirchensicht. Von Zypern aus verurteilte Papst Franziskus Anfang Dezember den Umgang mit Geflüchteten aufs Schärfste und rief zu Geschwisterlichkeit auf. Einen Finger legte er auf die "Wunde, die dieses Land am meisten schmerzt": Die Spaltung der Mittelmeerinsel zu heilen, brauche Geduld und Mut. Worte, die so oder ähnlich für weite Teile des Heiligen Landes Gültigkeit haben.

Von Andrea Krogmann


Ausschreitungen in Jerusalem / © Andrea Krogmann (KNA)
Ausschreitungen in Jerusalem / © Andrea Krogmann ( KNA )

Erzbischof Adolfo Tito Yllana, Botschafter des Heiligen Stuhls für Israel / © Andrea Krogmann (KNA)
Erzbischof Adolfo Tito Yllana, Botschafter des Heiligen Stuhls für Israel / © Andrea Krogmann ( KNA )

Patriarch Pizzaballa grüßt die Gläubigen an der Trennmauer zwischen dem Westjordanland und Jerusalem / ©  Mahmoud Illean/AP (dpa)
Patriarch Pizzaballa grüßt die Gläubigen an der Trennmauer zwischen dem Westjordanland und Jerusalem / © Mahmoud Illean/AP ( dpa )
Quelle:
KNA