"Meine Befürchtung ist, dass die Arbeit seriöser Organisationen, zu der UNICEF ja auch gehört, insgesamt ins Zwielicht gerückt wird", so Dr. Oliver Müller im domradio-Interview. Insgesamt sei diese Entwicklung auch für andere Hilfsorganisationen negativ zu betrachten. "Wir werden alle große Bemühungen um mehr Transparenz entfalten müssen, um das allgemeine Vertrauen der Spender zurückzugewinnen."
Das Siegel sei vor allem ein Zeichen der Seriösität im Hinblick auf Verwendung und Verwaltung eingehender Mittel, erklärt Müller. "Die Spender müssen letztendlich das Gefühl haben, dass ihre Spende bei einem Hilfswerk gut angesiedelt ist." Vor diesem Hintergrund sei die Aberkennung des Siegels für UNICEF ein "konsequenter Schritt" des DZI, sagt Müller. "Das wird sicherlich dazu führen, dass ein Spender sich in Zukunft stärker Gedanken machen wird, wem er spendet", so Müller weiter. Das Spendensiegel des DZI könne jedoch nur eingeschränkt darüber Auskunft geben, wie effektiv die Arbeit einer Organisation vor Ort ist. "Wir werden geprüft, wie wir in Deutschland mit den Spendengeldern umgehen. Die Arbeit in den Wiederaufbau - und Katastrophenhilfsprojekten ist davon erstmal nicht erfasst", erklärt Müller. "Da muss sich jeder Spender durch die Medien ein eigenes Urteil bilden."
Preuß bezeichnete UNICEF als Leuchtturm in der Spendenlandschaft und betonte: "Wenn so ein Leuchtturm an Strahlkraft verliert, dann wird es auch für andere Hilfsorganisationen erst einmal schwerer werden." Er äußerte die Befürchtung, dass das Interesse an den Notleidenden in Afrika, Asien und Lateinamerika sinken könnte.
Der Sprecher des Kinderhilfswerks terre des hommes, Wolf-Christian Ramm, sagte der Zeitung, es sei "nicht auszuschließen, dass der Spendenfluss abebbt". Derzeit gebe es aber keine Anzeichen, dafür, dass die Spender sich abwendeten. Ramm betonte, sein Hilfswerk zahle anders als UNICEF Deutschland keine Provisionen an Spendenwerber.
Kritik am DZI übte der Gründer der Organisation Cap Anamur, Rupert Neudeck. Er sagte der Zeitung, es sei "nicht in Ordnung", dass das nichtstaatliche DZI das Spendensiegel allein aufgrund des öffentlichen Drucks zurückziehe. Das sei erst einmal passiert, und zwar 1994, als das DZI der Organisation Care das Siegel "aus heiterem Himmel" entzogen habe.
Erzbischof befürchtet negative Folgen für Hilfsorganisationen
Auch der für das katholische Hilfswerk Misereor zuständige Erzbischof Werner Thissen befürchtet negative Auswirkungen der UNICEF-Affäre. Die Meldungen hätten ihn "sehr bedrückt", sagte der Hamburger Erzbischof am Donnerstag in der Hansestadt. Wenn das Vertrauen der Spender zerstört werde, litten auch andere Hilfsorganisationen.
Thissen zeigte sich zugleich überzeugt, dass die internen und externen Kontrollen bei Misereor funktionierten. Es gebe ein dichtes Netz von Prüfinstanzen. "Ich bin sicher, dass das Geld auch bei den Armen ankommt", betonte er.
Hilfswerke fürchten nach UNICEF-Spendensiegelentzug um guten Ruf - Erzbischof Thissen "sehr bedrückt"
Strafe mit Breitenwirkung
Nach der Aberkennung des Spendensiegels der deutschen UNICEF-Sektion befürchten andere Hilfsorganisationen negative Folgen auch für ihre Arbeit. Der Generalsekretär der Welthungerhilfe, Hans-Joachim Preuß, sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" zum Entzug des Siegels durch das
Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI): "Das trifft uns alle." Dr. Oliver Müller, Leiter von Caritas International sagte im domradio-Interview: "Wir werden uns jetzt alle um mehr Transparenz bemühen müssen".
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