DOMRADIO.DE: Der Fotograf Martin Niekemper hat mit Mitwirkenden von "Out in Church" eine beeindruckende Porträtserie gestaltet, die im vergangenen Jahr auch im Kölner Domforum zu sehen war. Was hat der Fotograf da im Bild festgehalten und dokumentiert?
Natalie Schneider (Katholikenratsvorsitzende in Düsseldorf): Der Fotograf Martin Niekämper hat sich auf das Thema queere "Menschen in der Kirche" konzentriert und ausgehend von der Out-in-Church-Dokumentation, die im Fernsehen gelaufen ist, Menschen in ihren Kirchen porträtiert und dargestellt, wie sie sich in ihrer Kirche sehen.
Viele der Menschen der Ausstellung stehen zur katholischen Kirche und sehen sich selbst als wichtigen Part in dieser Kirche. Das sieht man auf diesen sehr eindrücklichen Fotos. Manche sind sehr dunkel gehalten, andere sind sehr deutlich im Porträt, sodass die Menschen klar in Erscheinung treten können.
DOMRADIO.DE: Warum ist es Ihnen wichtig, diese Fotos und Porträts als Ausstellungen jetzt auch in Düsseldorf zu zeigen?
Schneider: Uns sind die Nächstenliebe und der Schutz von Minderheiten besonders wichtig. Das sind unsere Aufgabe und Pflicht als christliche Menschen in unserer Kirche. Wir wollen das deutlich machen. Wir wollen diese Sichtbarkeit unterstützen und damit den Menschen klarmachen, dass es queere Menschen in der Kirche gibt: Wir verstecken uns nicht mehr und wir als Kirche müssen dazulernen.
Als Katholikenrat haben wir uns zum Ziel gesetzt, ein starkes und deutliches Zeichen zu setzen, dass jeder Mensch ohne Vorbedingungen ein Ebenbild Gottes ist und geliebt wird. Wir als Katholikenrat möchten diese Diskussion weiterführen. Wir sehen, dass in der katholischen Kirche da noch sehr viel Luft nach oben ist und das möchten wir unterstützen.
DOMRADIO.DE: Fast alle Personen haben sich in kirchlichen Räumen oder mit christlichen Symbolen abbilden lassen und outen sich somit als engagierte Christinnen und Christen. Wie erleben Sie die katholische Kirche in Düsseldorf in Bezug auf queeres Leben in der Kirche, wenn Sie sagen, dass noch Luft nach oben ist?
Schneider: Wir haben ganz gezielt in Düsseldorf sehr viel positive Resonanz erhalten, die gezeigt hat, dass die Menschen das unterstützen. Das hat uns sehr gefreut. Zudem haben wir 16 Kooperationspartner gewonnen. Es war uns ganz wichtig, als Katholikenrat viele katholische Kooperationspartner zu bekommen, um zu sagen, dass wir nicht alleine stehen.
Das Thema ist ein wichtiges in der Kirche. Wir müssen es ansprechen und wir haben nicht nur die Ausstellung ins Maxhaus nach Düsseldorf geholt, die jetzt am Freitag eröffnet wird, sondern es gibt ein großes Begleitprogramm, an dem sich sehr viele katholische Kooperationspartner beteiligt haben.
DOMRADIO.DE: Sie als Vorsitzende des Katholikenrats Düsseldorf wollen den Dialog mit queeren Menschen innerhalb und außerhalb der Kirche fördern. Welche Hoffnung stecken Sie in diese Ausstellung?
Schneider: Ich denke, wir müssen als Kirche sehr viel sensibler werden. Wir müssen uns ernsthaft bemühen, alle Menschen mitzunehmen und wir müssen in unserem Verhalten dazulernen. Da haben wir uns erst auf den Weg gemacht. Das dauert noch. Das heißt, dass wir uns öffnen müssen und dass wir aufgeschlossen werden müssen.
Wir müssen auch daran denken, wie viele Verletzungen wir in der Vergangenheit angerichtet haben. Aber wir müssen jetzt nach vorne schauen und sehen, wie es besser werden kann. Auf diesem Weg sind wir und wir möchten als Katholikenrat dazu beitragen, dass wir aus dem Vollen schöpfen und wirklich alle Menschen, die Teil dieser Kirche sind, mitnehmen.
DOMRADIO.DE: Was könnten konkret nächste Schritte sein?
Schneider: Man könnte zum Beispiel Diskussionsrunden in den Kirchengemeinden weiter fortführen. Ich war gestern auf einer ganz großartigen Veranstaltung zum Thema "Queerness verstehen". Ich finde, da bestehen noch sehr viele Möglichkeiten, dass man Menschen weiter informiert. Denn mir haben manche KatholikInnen gesagt, dass das ein interessantes Thema sei, sie gar nicht betroffen wären.
Das sehen wir anders. Solidarität stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Das brauchen wir gerade in Zeiten, in denen Queerfeindlichkeit wieder ein bisschen salonfähig wird. Wir müssen uns als katholische Kirche ganz klar an die Seite aller queeren Menschen und aller Minderheiten stellen.
Das Interview führte Carsten Döpp.