Queer-Beauftragter nennt Sühnegebet nach LGBTQ-Wallfahrt "skandalös"

"Ein skandalöses Zeichen kirchlicher Engstirnigkeit"

Vier Bischöfe haben nach einer LGBTQ-Pilgerfahrt im Petersdom um Vergebung gebeten. Für den Queer-Beauftragten der Deutschen Bischofskonferenz ist das ein beschämendes Signal: Die Kirche brauche nicht Sühne, sondern Selbstkritik.

Symbolbild Homosexuelles Paar in einer Kirche / © stephane brennan (shutterstock)
Symbolbild Homosexuelles Paar in einer Kirche / © stephane brennan ( shutterstock )

Der Queer-Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, Weihbischof Ludger Schepers, hat das Sühnegebet mehrerer Bischöfe nach einer LGBTQ-Vatikan-Pilgerfahrt verurteilt. "Es ist ein skandalöses Zeichen kirchlicher Engstirnigkeit und eine offene Zurückweisung all jener, die sich nach einer Kirche sehnen, die wirklich das Evangelium lebt", sagte Schepers der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Freitag.

Das Gebet sei "kein Akt des Glaubens, sondern ein Akt der Ausgrenzung - ein Versuch, queere Menschen und ihre Präsenz im Glauben unsichtbar zu machen", so der Essener Weihbischof weiter.

Ludger Schepers ist Weihbischof in Essen und der Queer-Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz. / © Angelika Zinzow/KNA (KNA)
Ludger Schepers ist Weihbischof in Essen und der Queer-Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz. / © Angelika Zinzow/KNA ( KNA )

Sühne-Gebet in den USA

Hintergrund ist eine Gebetsaktion, die vier Bischöfe - darunter der ehemalige US-amerikanische Bischof Joseph Strickland, der kasachische Weihbischof Athanasius Schneider, der Schweizer Weihbischof Marian Eleganti und der niederländische Weihbischof Rob Mutsaerts - durchgeführt hatten. Sie wollten damit nach eigener Darstellung eine "Entweihung" des Petersdoms durch eine LGBTQ-Pilgerfahrt im September wiedergutmachen. In dem Gebet war von "Unzucht" und "Sodomie" die Rede, die Pilgerfahrt sei eine "Plattform zur Legitimierung von Sünden gegen das sechste Gebot" gewesen. Die Abkürzung LGBTQ steht für lesbisch, schwul, bisexuell, transgender und queer.

Schepers widersprach den Bischöfen. Die Pilgerfahrt sei "kein Protest, keine Provokation, sondern eine Feier des Glaubens" gewesen. Sie habe "die lebendige Vielfalt der Menschen in der Kirche" gezeigt, die gemeinsam beteten, hofften und glaubten. "Diese Pilgerinnen und Pilger haben nicht gegen die Kirche gehandelt - sie sind Kirche."

Joseph Strickland / © Bob Roller (KNA)
Joseph Strickland / © Bob Roller ( KNA )

Essener Weihbischof fordert kirchliche Selbstkritik

Die Reaktion der konservativen Bischöfe bezeichnete Schepers als "beschämend". Sie entlarve «eine theologische und pastorale Haltung, die nichts mit Barmherzigkeit oder dem Geist Jesu zu tun hat". Wer für die bloße Anwesenheit queerer Christinnen und Christen um Vergebung bitte, zeige "nicht Frömmigkeit, sondern die Angst vor Vielfalt - und damit eine gefährliche geistliche Enge, die das Evangelium verrät".

Der Weihbischof forderte stattdessen Selbstkritik der Kirche: "Es braucht keine Wiedergutmachung für queere Gläubige. Die wahre Wiedergutmachung steht der Kirche selbst bevor - für die Wunden, die sie queeren Menschen über Jahrzehnte hinweg zugefügt hat." Die Kirche könne "nicht glaubwürdig von Liebe sprechen, solange sie Menschen ablehnt, die lieben". Wer die Türen schließe, entferne sich 2vom Herzen Christi".

Schepers: Vielfalt ist Geschenk

Schepers betonte abschließend: "Ich träume von einer Kirche, die endlich begreift: Vielfalt ist kein Problem, sondern ein Geschenk. Eine Kirche, die niemanden mehr kleinmacht, sondern groß. Eine Kirche, die wirklich glaubt, dass Gottes Liebe ohne Bedingungen gilt - für alle, ohne Ausnahme. Denn wer Menschen ausschließt, schließt Christus selbst aus."

Mit dem englischen Wort queer bezeichnen sich Menschen, die nicht heterosexuell sind oder deren geschlechtliche Identität nicht mit gesellschaftlichen Rollenbildern übereinstimmt. Unter ihnen sind Personen mit gleichgeschlechtlicher Orientierung die wohl größte Gruppe.

Deutsche Bischofskonferenz

Die Deutsche Bischofskonferenz ist der Zusammenschluss der katholischen Bischöfe in Deutschland. Sie leiten als Ortsbischöfe eines der 27 Bistümer oder unterstützen als Weihbischöfe. Insgesamt gehören ihr derzeit (Oktober 2025) 61 Mitglieder an.

Ebenfalls zur Konferenz gehören - auch wenn sie nicht Bischöfe sind - Diözesanadministratoren, die ein Bistum nach Rücktritt oder Tod eines Ortsbischofs übergangsweise verwalten.

Logo der Deutschen Bischofskonferenz auf einem Schild neben dem Eingang zum Sekretariat der DBK / © Julia Steinbrecht (KNA)
Logo der Deutschen Bischofskonferenz auf einem Schild neben dem Eingang zum Sekretariat der DBK / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
KNA