Evangelische Kirche im Rheinland bezieht Stellung im Nahost-Konflikt

Ursache und Wirkung nicht vertauschen

In einem Schreiben an die Gemeinden, Kirchenkreise, Ämter, Werke und Einrichtungen der Evangelischen Kirche im Rheinland hat Oberkirchenrat Wilfried Neusel, Leiter der Abteilung „Ökumene - Mission - Religionen" im Landeskirchenamt und hauptamtliches Mitglied der Kirchenleitung, am Dienstag im Namen der rheinischen Kirche eine Erklärung zum Nahost-Konflikt abgegeben.

 (DR)

In einem Schreiben an die Gemeinden, Kirchenkreise, Ämter, Werke und Einrichtungen der Evangelischen Kirche im Rheinland hat Oberkirchenrat Wilfried Neusel, Leiter der Abteilung „Ökumene - Mission - Religionen" im Landeskirchenamt und hauptamtliches Mitglied der Kirchenleitung, am Dienstag im Namen der rheinischen Kirche eine Erklärung zum Nahost-Konflikt abgegeben. Neben der Forderung nach einem sofortigen Waffenstillstand und der Aufnahme von Verhandlungen bezieht die evangelische Kirche eindeutig Stellung in Frage von Ursache und Wirkung.

Kampfhandlungen von Hisbollah provoziert
Zwar weckten die Angriffe Israels auf den Libanon und die Palästinensergebiete die Frage nach der Verhältnismäßigkeit der Mittel, allerdings diene es dem Friedensprozess gewiss nicht, in diesem Konflikt Ursache und Wirkung zu verwechseln. Im Süden wie im Norden seien die Kampfhandlungen durch das Vordringen von Hamas und Hisbollah-Aktivisten auf israelisches Gebiet provoziert worden. Israel hätte sich gemäß der Resolution 1559 des UN-Sicherheitsrats vom August 2004 aus dem Libanon zurückgezogen; die libanesische Regierung aber hätte es bis heute nicht vermocht, die Hisbollah zu entwaffnen und die eigene Armee an der Grenze zu stationieren, wie es die Resolution vorsieht.

Hamas-Regierung in der Schuld
Ebenso hätte Israel hat sich aus dem Gaza-Gebiet zurückgezogen, um damit den Weg zu einer wirklich autonomen palästinensischen Selbstverwaltung frei zu machen. Die Hamas-Regierung aber, wie auch die Führung der Hisbollah,  propagierten weiterhin den Anspruch auf ganz „Palästina" und unterstrichen ihre Forderung durch Vernichtungsdrohungen und anhaltenden Raketenbeschuss auf israelische Dörfer und Städte.

Gefahr antijüdischer Reaktionen
Der Theologe warnte davor, "die gegenwärtige Situation im Nahen Osten wieder einmal als Legitimation für antijüdische Äußerungen und Aktionen in unserem Land zu missbrauchen". Kritik äußerte der Theologe an der Berichterstattung über den Konflikt, die zunehmend einseitiger werde. Er rief dazu auf, für Frieden und Gerechtigkeit im Nahen Osten zu beten und für Besonnenheit einzutreten. Zudem müsse "alles Menschenmögliche getan werden, andere als militärische Lösungen für den gegenwärtigen Konflikt zu finden".

Appelle des Vatikans - Kritik jüdischer Verbände
Auch die katholische Kirche in Deutschland und Papst Benedikt XVI. hatten in den vergangenen Tagen wiederholt an die Konfliktparteien appelliert, die Kampfhandlungen einzustellen, dabei aber vermieden, Schuldzuweisungen zu machen. Der Vatikan hat sowohl Terrorattacken auf Israel als auch israelische Militärschläge gegen den Libanon verurteilt. Allerdings betonte Kardinal Staatssekretär Angelo Sodano, dass das Selbstverteidigungsrecht eines Staates nicht rechtfertigen könne, internationale Rechtsnormen zu missachten, insbesondere mit Blick auf den Schutz der Zivilbevölkerung. Der Heilige Stuhl beklagte den Angriff auf die "freie und souveräne Nation" des Libanon und bekundete seine Solidarität mit den Bevölkerungsgruppen, die viel für die Verteidigung ihrer Unabhängigkeit gelitten hätten.

Eine einseitige Verurteilung Israels hatte daraufhin sowohl der Zentralrat der Juden in Deutschland als auch der europäische jüdische Kongress zurückgewiesen.
(ekr, dr)