Pfarrer von Bad Münstereifel sieht Hoffnung nach der Flutkatastrophe

"Es wird wieder so schön werden, wie es vorher war"

"Ein Horrorfilm ist nichts dagegen", beschreibt Pfarrer Christian Hermanns die Situation in Bad Münstereifel. Doch obwohl viel zerstört ist, schöpfen die Menschen Mut und neue Kraft. Mitten in den Trümmern wurden die ersten Blumen gepflanzt.

Passanten gehen durch die von der Flut zerstörte Innenstadt von Bad Münstereifel / © Federico Gambarini (dpa)
Passanten gehen durch die von der Flut zerstörte Innenstadt von Bad Münstereifel / © Federico Gambarini ( dpa )

DOMRADIO.DE: Wie ist die Situation hier vor Ort in Bad Münstereifel und auch in den Nachbargemeinden?

Christian Hermanns (Leitender Pfarrer in Bad Münstereifel): Ein Horrorfilm ist nichts dagegen. Nach drei Wochen hat sich, was die Außensicht angeht, vieles beruhigt. Schutt und Müll sind abgetragen worden. Aber jetzt geht es für viele an die Renovierung – auch für unsere Kirchengemeinden. Wir haben sechs Gebäude, die betroffen sind. Das Problem wird sein, Handwerker und Material zu bekommen. Wir versuchen, die vielen seelischen Nöte aufzufangen. Da sind wir gut mit der evangelischen Kirche vernetzt und haben eine eigene Nummer geschaltet.

Wir haben ein kleines Akuthilfe-Zentrum aufgebaut, wo die Leute sich tagsüber hinwenden können. Da versuchen wir, die Leute sofort zu erreichen, zu besuchen und, wenn möglich, Hilfe zuteil werden zu lassen. Vieles geht über unsere eigenen seelsorglichen Kräfte hinaus. Da sind dann Kinderpsychologen und Psychologen gefragt. Aber auch da sind wir gut aufgestellt. Vieles kann natürlich besser werden, aber es ist für uns alle Neuland gewesen. Wir versuchen unser Bestes.

DOMRADIO.DE: Was hat das Hochwasser seelisch mit den Menschen gemacht?

Hermanns: Für mich ist bis jetzt immer wieder ergreifend zu hören, dass keine großen Fragen kommen: Warum hat Gott das zugelassen? Das wäre ja nur selbstverständlich. Wahrscheinlich funktionieren die Leute hier, weil sie wirklich tatkräftig ihr Hab und Gut sicherstellen und aufräumen müssen. Wir sind dankbar, dass wir die Gottesdienste zwar nicht in allen Kirchen feiern können, aber doch in einigen Ausgleichsgebäuden. So können wir den Menschen so nah sein, wie es möglich ist. Nach dem Chaos der ersten Tage erlebe ich Hoffnung. Viele finden jetzt wieder den Mut, neu anzufangen.

DOMRADIO.DE: Wie steht es um die kirchlichen Gebäude?

Hermanns: Das Sankt Angela Gymnasium ist in der Trägerschaft des Erzbistums hat es heftig getroffen. Da waren wir vor zwei Wochen auch mit dem Erzbischof. Inwieweit dort der Schulunterricht nach den Ferien sichergestellt werden kann, ist noch offen. Bei uns sind einige Kirchen betroffen, die zurzeit nicht genutzt werden können. Wir haben zum Glück hier in Bad Münstereifel die Stiftskirche, die Jesuitenkirche, die wir als Ausgleichsort nutzen können. In Iversheim ist die Pfarrkirche auch nicht nutzbar, aber da sind wir in Gesprächen mit der Stadt. Wir nutzen zurzeit die Trauerhalle als Gottesdienstort. Alles andere ist geregelt – Gott sei Dank.

DOMRADIO.DE: Bad Münstereifel ist in den vergangenen Jahren zu Outlet-Stadt geworden. Menschen aus dem ganzen Rheinland kamen hierher. Haben Sie Hoffnung, dass es wieder so wird, wie vor dem Hochwasser?

Hermanns: Ich habe in den vergangenen Tagen noch mit dem Investor, Herrn Brucherseifer, gesprochen, der das City-Outlet führt. Da sind schon Signale gekommen, alles wieder aufzubauen. An der zerstörten Erft-Brücke und den Gebäuden sind mittlerweile auch wieder Blumen gepflanzt worden. Das sind kleine Zeichen der Hoffnung. Es wird wieder so schön werden, wie es vorher war. Allerdings wird das Jahre dauern.

DOMRADIO.DE: Wie kann die Kirche helfen, den Menschen gerade jetzt eine Perspektive zu geben?

Hermanns: Das Wesentliche besteht darin, dass wir da sind für die Menschen, dass wir zuhören und auch materiell helfen, wo es geht. Vor allem müssen wir aber da sein für die Menschen. Dass wir nicht alle finanziellen Nöte beheben können, das steht außer Frage. Was wir aber können ist, einfach für die Menschen da zu sein, so wie Christus für die Menschen da war.

DOMRADIO.DE: Eigentlich sollten Sie im September als leitender Pfarrer nach Bergheim wechseln. Was hat Sie dazu bewogen, den Kardinal darum zu bitten, etwas länger in Bad Münstereifel zu bleiben?

Hermanns: Als die Flutkatastrophe Bad Münstereifel und die umliegenden Orte erreicht hat, war ich im Urlaub und habe den sofort abgebrochen. Auf der Rückfahrt kam mir dann die Idee und auch die Überzeugung, dass ich den Erzbischof bitte, meine Versetzung um einen bestimmmten Zeitraum nach hinten zu verschieben. Hintergrund ist der, dass ich die Gemeinden hier und viele Gremienmitglieder, die selbst betroffen sind, nicht allein lassen wollte. Für einen neuen Pfarrer wäre es nicht zu händeln gewesen, das Ganze hier zu stemmen. Ich bin seit sechs Jahren mit der Stadt vernetzt, bin im Krisenstab gewesen – und immer noch, wenn es nötig ist. Die gegenseitigen Beziehungen vereinfachen die ganze Sache.

Dass ich hier bleiben darf, dafür bin ich dem Erzbischof dankbar. Ich denke, dass es auch den Gemeinden so geht, die von sich aus schon gesagt hatten: "Sie können uns nicht alleine lassen, bleiben sie doch hier." Dem ist Gott sei Dank stattgegeben worden. Der 15. Januar ist jetzt ist das neue Datum.

Das Interview führte Alex Foxius.


Christian Hermanns, Leitender Pfarrer in Bad Münstereifel / © Alex Foxius (DR)
Christian Hermanns, Leitender Pfarrer in Bad Münstereifel / © Alex Foxius ( DR )

Hochwasser-Folgen in Bad Münstereifel / © Oliver Berg (dpa)
Hochwasser-Folgen in Bad Münstereifel / © Oliver Berg ( dpa )
Quelle:
DR
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