Papst Franziskus und der Mund-Nase-Schutz

Corona macht keinen Bogen um den Papst

Weltweit steigen die Corona-Zahlen im Moment wieder rapide an. Auch in Italien und im Vatikan herrscht inzwischen Maskenpflicht. Lange Zeit hat Papst Franziskus trotzdem auf Abstand und Mundschutz verzichtet. Doch das scheint sich jetzt zu ändern

Autor/in:
Renardo Schlegelmilch
Papst Franziskus mit Mund-Nase-Schutz / © Paul Haring (KNA)
Papst Franziskus mit Mund-Nase-Schutz / © Paul Haring ( KNA )

Er ist ein Vorbild. Als Kirchenoberhaupt von über einer Milliarde Katholiken übt Papst Franziskus Einfluss aus, ob er will oder nicht. Wenn Donald Trump in den USA auf die Maske verzichtet, ist das ein politisches Statement. Wenn der Papst das tut, dann macht er das wohl eher unfreiwillig. Wochenlang haben Vatikanbeobachter gerätselt, warum Franziskus Pilger umarmt, Gäste mit Handschlag begrüßt und dabei fast immer auf die Maske verzichtet. In den letzten Tagen scheint es aber einen Sinneswandel beim Papst zu geben. Erstes Indiz: die Generalaudienz vergangener Woche, am 14. Oktober.

"Ich würde ja gerne …"

Die Generalaudienzen stellen für den Papst ein großes Ansteckungsrisiko dar. Hunderte Pilger kommen zusammen – zuletzt in der Audienzhalle Paul VI., also in einem (großen) Innenraum. Den Pilgern wird zwar vorher die Temperatur gemessen, ein Corona-Test ist das aber nicht. Während der Papst normalerweise herzlich mit den Menschen umgeht, einzelne in den Arm nimmt oder ihre Hände küsst, war es in der vergangenen Woche anders.

Franziskus geht auf Abstand: "Ich würde gerne, wie ich das für gewöhnlich mache, runterkommen und mich euch nähern, um euch zu grüßen. Aber mit den neuen Vorschriften ist es besser, den Abstand einzuhalten," sagte der Papst mit gebührendem Sicherheitsabstand. Durch die Reihen geht er aber trotzdem, wenn auch auf Distanz. Auch wenn zwei Meter Abstand zwischen den einzelnen Pilgern angedacht sind, bilden sich natürlich Menschentrauben überall dort, wo Franziskus vorbei kommt. Eine wirklich ideale Lösung ist das nicht, vor allem nicht für die Pilger.

Die Sache mit der Maske

Am Dienstagabend dann ein ungewöhnliches Bild in den vatikanischen Medien: Der Papst trägt Maske. Franziskus hat am Friedenstreffen von Sant’Egidio teilgenommen, zu dem jedes Jahr Vertreter von Religionen aus aller Welt geladen werden. Obwohl die Zahl der Teilnehmer diesmal begrenzt war, kamen doch Gäste aus den verschiedensten Ländern zusammen. Buddhisten, Muslime, Juden und Christen haben lange Wege auf sich genommen – in einer Zeit, in der die Bewohner von Risikogebieten aufgerufen sind, gar nicht erst aus dem Haus zu gehen. Da macht die Maske für den Papst also noch mal mehr Sinn.

An diesem Mittwoch, den 21. Oktober, sieht es dann aber wieder anderes aus. Obwohl der Papst - wie in der Vorwoche - Abstand zu den Pilgern hält, begrüßt er nach der Generalaudienz mehrere Gäste und Würdenträger. Ohne Abstand, ohne Mund-Nase-Schutz. Ähnliche Bilder sieht man auch von den Privataudienzen des Papstes. In der vergangenen Woche sind Fotos der Treffen - unter anderem mit Armin Laschet, Christian Wulff oder dem australischen Kardinal George Pell - durch die Öffentlichkeit gegangen. Auch hier: Alle wurden mit Handschlag und ohne Maske begrüßt.

Ein Dilemma für den Papst

Warum also trägt der Papst so selten eine Maske? Vatikanexperte Ulrich Nersinger spricht im DOMRADIO.DE-Interview von einem Dilemma: "Der Papst ist natürlich jemand, der im höchsten Grade gefährdet ist. Wir wissen um seine Lungenerkrankungen.“ Franziskus wurde schon im Jugendalter ein Lungenflügel entfernt. "Aber das ist vielleicht auch ein Grund, warum er dann keine Maske trägt, da wir ja nicht wissen, wie stark ihn das belastet.“ Es ist also auch möglich, dass Franziskus die Maske in der Regel weg lässt, weil ihm das Atmen schwerer fällt, als Menschen mit zwei Lungenflügeln.

Dabei sollte der Papst das Infektionsrisiko nicht ignorieren, denn das Corona-Virus macht keinen Bogen um den Vatikan. Mehr sogar noch: Schaut man sich die prozentualen Infektionszahlen in Europa an, so liegt der Vatikan an erster Stelle. Das hat vor allem damit zu tun, dass es ja nur ein paar hundert offizielle Staatsbürger gibt. Aber deutlich wird: Auch rund um den Papst breitet sich das Virus aus.

Corona in der Schweizergarde und in Santa Marta

Vergangene Woche kam es zu einem Ausbruch in der Schweizergarde. 11 der 113 Gardisten sind momentan mit dem Virus infiziert – zehn Prozent also. Einige davon sind ganz nah dran am Papst: als Leibwache oder Sicherheitskräfte vor seinen Arbeits- oder Wohnräumen. Die Gardisten sind hier angehalten Maske zu tragen und auch zum Papst einen Sicherheitsabstand einzuhalten. Aber selbst in Franziskus' Wohnhaus, dem vatikanischen Gästehaus Santa Marta, hat sich inzwischen ein Bewohner mit dem Virus infiziert. Corona macht also nicht einmal einen Bogen um den Papst.

Auch wenn es also für Franziskus unangenehm sein mag, die Maske zu tragen: Das Risiko ist da, auch im Vatikan. Dass er beim Sant’Egidio-Friedenstreffen Mundschutz getragen hat, war ein erster Schritt und ein wichtiges Zeichen. Um sicherzugehen, dass Franziskus nicht am Corona-Virus erkrankt – oder selber zum "Superspreader" wird – ist das bei weitem nicht genug.


Papst Franziskus mit Mundschutz / © Gregorio Borgia/AP (dpa)
Papst Franziskus mit Mundschutz / © Gregorio Borgia/AP ( dpa )

Papst Franziskus und Bartholomäus I. tragen bei ihrer Ankunft zum Internationalen Friedensgebet in der Basilika Santa Maria Mund-Nasen-Bedeckungen. / © Gregorio Borgia/AP (dpa)
Papst Franziskus und Bartholomäus I. tragen bei ihrer Ankunft zum Internationalen Friedensgebet in der Basilika Santa Maria Mund-Nasen-Bedeckungen. / © Gregorio Borgia/AP ( dpa )

Schweizergarde mit Mundschutz / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Schweizergarde mit Mundschutz / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
DR