Die Kirchen stehen vor einem Jahr voller Ungewissheiten

Corona gibt den Rhythmus vor

Der Ausblick auf das "neue" Kirchenjahr beginnt da, wo der Rückblick auf das alte aufhört: mit Corona. Die Pandemie bestimmt den Alltag der Menschen. Und hat auch den kirchlichen Terminkalender fest im Griff.

Autor/in:
Joachim Heinz
Aufgeschlagene Bibel in einer Kirchenbank / © mojekadry (shutterstock)
Aufgeschlagene Bibel in einer Kirchenbank / © mojekadry ( shutterstock )

Er sollte einer der Höhepunkte im kirchlichen Leben 2021 werden - der Ökumenische Kirchentag im Mai in Frankfurt. Fünf Tage mit mehr als 100.000 Teilnehmern. Doch Corona macht bis auf weiteres allen Großveranstaltungen einen Strich durch die Rechnung. Das Christentreffen soll nicht ausfallen, wird aber einen völlig anderen Charakter bekommen. Es soll nun um einen Tag gekürzt, weitgehend digital und ohne Besucher vor Ort stattfinden.

Vor ähnlichen Problemen steht der Synodale Weg, der unter großem Presseecho vor rund einem Jahr gestartete Dialog zur Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland. Die aus 230 Mitgliedern bestehende Synodalversammlung wird nach derzeitigem Stand der Dinge frühestens im Herbst 2021 ein zweites Mal tagen. Hinter den Kulissen und in kleineren Gruppen sollen die Gespräche zwischen Bischöfen und Laien aber weitergehen.

Der Synodale Weg

Die Themen sind gesetzt: Sexualmoral, die priesterliche Lebensform, Macht und Gewaltenteilung sowie die Rolle von Frauen in der Kirche. Im Vatikan und der Weltkirche wird der Fortgang der Debatten genau beobachtet. Mit der Kirchenleitung in Rom wollen Vertreter der Bischöfe und des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) im kommenden Jahr über ein Papier der römischen Glaubenskongregation zu einem weiteren und ziemlich zentralen Aspekt kirchlichen Lebens sprechen.

Die im Sommer veröffentlichte Instruktion widersprach Bestrebungen, die Leitung von Pfarreien etwa Teams aus Priestern und kirchlich engagierten Laien anzuvertrauen. Laien können an der Gemeindeleitung mitwirken, doch tatsächlich leiten, verwalten, moderieren und koordinieren dürfen nur Priester. Etliche Bischöfe hatten sich sehr kritisch zu dem Papier geäußert - ebenso zahlreiche Laien.

Finanzielle Einschnitte und strukturelle Veränderungen

Unterdessen wird sich im Bistum Trier zeigen, wie angesichts einer sinkenden Zahl an Priestern und aktiven Gemeindemitgliedern sowie zurückgehender Kirchensteuereinnahmen eine Pfarreienreform in der Praxis aussehen kann. Der Vatikan hatte die ursprünglichen Pläne im ältesten deutschen Bistum im November 2019 nach Beschwerden von Priestern und Laien aus Trier gestoppt. Nun also soll das Vorhaben im kommenden Jahr neu aufgesetzt und im zweiten Anlauf in Angriff genommen werden. Insgesamt fünf Jahre haben die Verantwortlichen dafür einkalkuliert.

Auch die Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bereitet sich auf finanzielle Einschnitte und strukturelle Veränderungen vor. Bis 2030 sollen 17 Millionen Euro im EKD-Haushalt eingespart werden. Dieses Ziel umzusetzen, ist eine Aufgabe der Synode, die sich im Mai neu konstituiert. Offen ist, wer als Präses das Kirchenparlament in der Nachfolge der ehemaligen FDP-Politikerin Irmgard Schwaetzer leiten wird. Da für das Amt Kandidaten mit politischer Erfahrung gefragt sind, kämen etwa die ehemaligen Bundesminister Herrmann Gröhe und Thomas de Maiziere (beide CDU) in Frage.

Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs

Im Herbst wählt die Synode den neuen Rat der EKD. Der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm hat bereits auf eine erneute Kandidatur für den Vorsitz verzichtet, so dass - nach Margot Käßmann 2009 - zum zweiten Mal eine Bischöfin in dieses Spitzenamt gewählt werden könnte, etwa die stellvertretende Ratsvorsitzende, die westfälische Präses Annette Kurschus, oder die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs.

Ein Großthema bleibt beiden Kirchen auf jeden Fall erhalten: die Aufarbeitung von Missbrauch. In der evangelischen Kirche hat die lange angekündigte wissenschaftliche Studie zu sexualisierter Gewalt begonnen; Ergebnisse werden im Herbst 2023 erwartet. In der katholischen Kirche gab es zuletzt Turbulenzen im Erzbistum Köln. Kardinal Rainer Maria Woelki steht unter Druck, weil Betroffene ihm vorhalten, sie für seinen Kurs instrumentalisiert zu haben. Zuletzt wurden Vertuschungsvorwürfe gegen ihn selbst laut. Er hat die Angelegenheit zur Prüfung nach Rom weitergegeben.

Auch die Frühjahrsvollversammlung wird digital stattfinden

Auch der Hamburger Erzbischof Stephan Heße, früher Personalchef und Generalvikar in Köln, wehrt sich gegen derartige Anschuldigungen und will die Bischofskongregation im Vatikan über seinen Verbleib im Amt entscheiden lassen. Sowohl bei ihm als auch bei Woelki blicken alle gespannt auf den März, wenn dann tatsächlich ein Gutachten über den Umgang von Führungskräften im Erzbistum Köln mit Missbrauchsfällen vorliegt.

Gut möglich, dass sich die deutschen Bischöfe mit den neuesten Entwicklungen in dieser Angelegenheit bereits Ende Februar auseinandersetzen, wenn sie zu ihrer Frühjahrsvollversammlung zusammenkommen. Aber auch das wird erstmals rein digital stattfinden und nicht wie geplant in Dresden, wo das Bistum Dresden-Meißen sein 100-jähriges Bestehen feiert. Corona macht auch hier einen Strich durch die Rechnung.

Synodaler Weg

Der Begriff "Synodaler Weg" verweist auf das griechische Wort Synode. Es bedeutet wörtlich "Weggemeinschaft"; im kirchlichen Sprachgebrauch bezeichnet Synode eine Versammlung von Bischöfen oder von Geistlichen und Laien.

Der Reformdialog Synodaler Weg dauerte von Ende 2019 bis Frühjahr 2023. Dabei berieten die deutschen katholischen Bischöfe und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) zusammen mit weiteren Delegierten über die Zukunft kirchlichen Lebens in Deutschland.

Das gelochte Metallkreuz und Teile des Schriftzugs Synodaler Weg  / © Julia Steinbrecht (KNA)
Das gelochte Metallkreuz und Teile des Schriftzugs Synodaler Weg / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
KNA