DOMRADIO.DE: Bischof Kopp, wo steht die Ökumene zwischen Lutheranern und Katholiken in Deutschland?
Christian Kopp (Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern): Ich würde sagen, wir sind in einem sehr gut organisierten und sehr oft zukunftsorientierten Dialog.
Wir haben eine ganze Reihe von Feldern, die wir miteinander beackern. Wir gehen auf Augenhöhe miteinander um und haben ein sehr schönes Miteinander.
DOMRADIO.DE: Der gemeinsame Arbeitskreis evangelischer und katholischer Theologen hatte aus Anlass des letzten Ökumenischen Kirchentags ein Votum zum Thema Abendmahl und Eucharistie veröffentlicht. Wo stehen die Kirchen bei diesem Thema heute?
Kopp: Das ist ein Thema, bei dem Theorie und die Praxis auseinandergehen. Ich fürchte, dass wir noch eine ganze Reihe von Schleifen drehen müssen, bevor wir weitere Schritte miteinander gehen.
In der Praxis ist es so, dass Lutheraner auch in vielen katholischen Gemeinden oft zur Eucharistie eingeladen werden. Ich habe erst vor kurzem wieder selber erlebt, dass ein Priester alle Getauften zum Abendmahl eingeladen hat – was eigentlich nicht zum Verständnis der Eucharistie der katholischen Kirche passt.
DOMRADIO.DE: Wie reagiert ein lutherischer Bischof dann? Nehmen Sie an der Eucharistie teil?
Kopp: Wir hatten in Bayern im Zusammenhang mit dem Tod von Papst Franziskus Requien, zu denen ich als lutherischer Bischof eingeladen war. Es gab auch einen Gottesdienste zur Amtseinführung von Papst Leo. Da bin ich natürlich nicht zur Eucharistie gegangen.
Aber es gab auch schon den Fall, dass ein katholischer Priester, der mich kannte, ganz bewusst gesagt hat, dass alle Anwesenden zur Kommunion eingeladen seien, und mich dabei ansah. Da habe ich an der Eucharistiefeier teilgenommen, weil mir klar war, dass er wusste, wen er vor sich hat, und er das genau so wollte.
DOMRADIO.DE: Beide großen Kirchen haben in Deutschland das Problem der Gebäude und der weiteren Finanzierung. Wie sehr kann man da zusammenarbeiten?
Kopp: Wir haben in Deutschland schon im Zeitalter der Reformation Lösungen gehabt, bei denen man zum Beispiel ein Gotteshaus gemeinsam genutzt hat, sogenannte Simultaneen. Das ist aus meiner Sicht ein gutes Modell.
Im praktischen Leben gibt es dabei aber jede Menge Hürden. Denn an den Gebäuden hängt sehr viel Identität. Ich erlebe aber, dass beide Kirchen darüber miteinander ins Gespräch kommen. Aber da ist noch viel Luft nach oben.
DOMRADIO.DE: Glauben Sie, dass wir mehr solche Fälle erleben werden?
Kopp: Wir haben immer klug gehandelt, etwa als wir in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg überall in Deutschland neue Kirchen gebaut haben. Denn die hat man damals gebraucht. Jetzt aber haben wir andere Verhältnisse, und müssen wieder klug handeln.
Ich bin davon überzeugt, dass wir mehr gemeinsame Nutzungen von Gotteshäusern sehen werden. Denn das dient auch der besseren Zusammenarbeit der Gemeinden vor Ort.
DOMRADIO.DE: Zusammenarbeit ist ein gutes Stichwort. Man hat den Eindruck, dass es gerade im Bereich der Ethik zwischen evangelischer und katholischer Kirche hakt. Woran liegt das?
Kopp: Da gibt es einen Unterschied zwischen dem Eindruck und der Wirklichkeit. Das merkt man an Themen wie der “Woche für das Leben” oder der Debatte um den Paragraphen 218. Die katholische und die evangelische Position zu isolieren, halte ich für wenig zielführend.
Es ist keineswegs so, dass die evangelische Kirche gegen den Schutz des Lebens ist oder die katholische Kirche nur noch für das Leben steht. Wenn jetzt die evangelische Kirche darüber nachdenkt, wie mit der Woche für das Leben weitergeht, dann heißt das nicht, dass wir das für alle Zeit beenden wollen.
Wir haben vielmehr ein Nachfrageproblem gesehen, und zwar an vielen Orten in Deutschland. Unser Ziel ist es, an den Grundgedanken dieser Woche festzuhalten, ohne die nicht mehr erfolgreiche Form bis in alle Ewigkeiten fortzuführen.
Beim Paragraf 218 liegt bei uns eine stärkere Betonung auf der Selbstverantwortung des Einzelnen. Das ist aber aus der Reformation begründet. Es hat alles angefangen mit dem Gewissen des Einzelnen. Dass das bei uns in den ethischen Diskussionen etwas deutlicher zum Ausdruck kommt, als in mancher katholischen Position sollte deswegen niemanden überraschen.
Das Gespräch führte Benjamin Lassiwe.