Williamson Entschuldigung wird nicht ernst genommen - Vatikan fordert Widerruf

"Bedauern dritter Klasse"

Die Entschuldigung des umstrittenen Traditionalistenbischofs Richard Williamson für die Leugnung des Holocaust wird in Judentum, katholischer Kirche und Politik als unzureichend bewertet. Die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, zeigte sich über die neue Stellungnahme des 68-jährigen Briten entsetzt. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries schließt nicht aus, dass die Bundesrepublik die Auslieferung des britischen Holocaust-Leugners Williamson beantragt.

 (DR)

Vatikansprecher Federico Lombardi sagte am Freitag, die jüngste Erklärung von Williamson «scheint die vom Staatssekretariat gestellten Bedingungen nicht zu erfüllen.» Dieses hatte Williamson vor wenigen Wochen in einer offiziellen Note aufgefordert, «sich absolut unmissverständlich und öffentlich von seinen Positionen über die Schoah zu distanzieren».

Knobloch erklärte am Freitag in München: «Durch den ausbleibenden eindeutigen Widerruf seiner böswilligen Lügen hat Williamson erneut zum Ausdruck gebracht, dass er ein überzeugter Antisemit und unverbesserlicher Holocaust-Leugner ist, der den Völkermord an sechs Millionen jüdischen Menschen in Zweifel zieht.»

Mayer: «In keiner Weise befriedigend» Die Erklärung Williamson ist nach Ansicht des Präsidenten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Hans Joachim Meyer, «in keiner Weise befriedigend». Selbst wenn Williamson seine Aussagen über den Holocaust eindeutig widerrufen hätte, müsste man sich fragen, wie ein erwachsener Mensch sich so leichtfertig in einer so fundamentalen Frage wie der Existenz von Gaskammern in Auschwitz äußern könne, sagte Meyer dem Berliner «Tagesspiegel». «So jemand darf keine Verantwortung tragen.»

Die Entschuldigung des umstrittenen katholischen Bischofs Richard Williamson für die Leugnung des Holocaust stößt im Vatikan auf Vorbehalte. Die Äußerungen Williamsons zur Judenvernichtung während der NS-Zeit seien «unerträglich» gewesen, darum müsse Williamson sie zurücknehmen, sagte der Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, Kurienkardinal Walter Kasper, am Donnerstagabend in Wolfenbüttel. Er nannte die Entschuldigung «billig». Der Heilige Stuhl hatte Williamson aufgefordert, den Holocaust öffentlich als historische Tatsache anzuerkennen.
Der Leiter der deutschsprachigen Abteilung von Radio Vatikan, Eberhard von Gemmingen, begrüßte Williamsons Entschuldigung als «ersten kleinen Schritt in die richtige Richtung». Allerdings sei die Erklärung «dünn, weil er nicht bei den Juden um Vergebung gebeten hat».

Bedauern dritter Klasse
Der Generalsekretär des Zentralrats der Juden, Kramer, sagte, sich lediglich für zugefügte Schmerzen zu entschuldigen, sei «völlig ungenügend». Damit seien Williamsons Äußerungen über den Holocaust nicht auszuräumen. Er müsse sie widerrufen. Der Bischof der Pius-Bruderschaft wolle sich «nur wieder wichtig machen», sagte Kramer. Auch sei Williamson mit seinem Antijudaismus nicht allein, die Pius-Brüder insgesamt verträten eine antijudaistische Haltung.

Der Vizepräsident des Zentralrats, Dieter Graumann, wies die Entschuldigung Williamsons als ein «Bedauern dritter Klasse» zurück. «Williamson zieht seine verlogenen Thesen zum Holocaust und dessen Leugnung ja auch keineswegs zurück, er bedauert doch nur, dass seine Worte schädlich gewirkt haben», sagte Graumann am Donnerstagabend im Gespräch mit «Handelsblatt.com».

Williamson habe zudem erklärt, seine Meinung sei vor 20 Jahren «aufgrund der damals vorhandenen Beweise» gebildet worden. «Als ob vor 20 Jahren die Existenz des Holocaust in Zweifel gestanden habe», empörte sich Graumann und fügte hinzu: «Nein: Diese durch und durch verkorkste Erklärung von Williamson nimmt leider überhaupt nichts zurück, sie lässt vielmehr den Schluss zu, er halte die Holocaust-Leugnung, die er ja schon seit Jahrzehnten pathologisch auslebt, weiter aufrecht.»

Für Graumann ist das Thema damit «keineswegs vom Tisch, sondern aktueller als je zuvor». Er äußerte in diesem Zusammenhang abermals scharfe Kritik an Papst Benedikt XVI., der die Exkommunikation von Williamson trotz der Holocaust-Leugnung wie auch die von drei weiteren traditionalistischen Bischöfen der ultrakonservativen Pius-Bruderschaft zurückgenommen hatte. «Diese fatale Fehlentscheidung des Vatikan hat bedauerlicherweise weiter Bestand», sagte Graumann.

Italien: Juden skeptisch über Entschuldigung von Bischof Williamson
Auch der Präsident der Vereinigung der jüdischen Gemeinden Italiens, Renzo Gattegna, hat Skepsis über die Entschuldigung geäußert. Die Erklärung des aus Argentinien ausgewiesenen Briten sei «zweideutig», betonte er der Mailänder Tageszeitung «Corriere della Sera» vom Freitag zufolge.

Möglicherweise sei Williamsons jüngste Erklärung «schwerwiegender» als seine bisherigen Äußerungen. Gattegna wies darauf hin, dass der Bischof der traditionalistischen Pius-Bruderschaft es auch in seiner jüngsten Äußerung «sorgfältig vermeidet, eine unwiderlegliche historische Wahrheit anzuerkennen». In dem Schreiben an die für den Dialog mit den Traditionalisten zuständige päpstliche Kommission «Ecclesia Dei» äußere er nur «generelles Bedauern über die Folgen seiner Erklärungen».

Pius-Bruderschaft sieht «Schritt in die richtige Richtung»
Als «Schritt in die richtige Richtung» hat die Pius-Bruderschaft in Deutschland die neuen Äußerung des Traditionalisten-Bischofs Richard Williamson zum Holocaust bewertet. Die weitere Entwicklung werde zeigen, ob die Aussage ausreiche, sagte der Sprecher der Pius-Bruderschaft, Matthias Gaudrom, am Freitag auf Anfrage in Stuttgart.

Williamson hatte sich in einer am Donnerstag in London veröffentlichten Erklärung für seine umstrittenen Aussagen zum Holocaust entschuldigt. Er bitte alle, die sich aufgrund seiner Worte aufrichtig entrüstet hätten, «vor Gott um Vergebung», berichtete die katholische Internetagentur «zenit.org» unter Berufung auf die Erklärung. Williamson hatte vor rund vier Monaten behauptet, dass es für die Existenz von Gaskammern keine historischen Beweise gebe und dass nicht sechs Millionen Juden, sondern 200 000 bis 300 000 Juden von den Nazis ermordet worden seien.

Papst Benedikt XVI. und Bischof Bernard Fellay hätten ihn ersucht, die Bemerkungen, die er vor vier Monaten gegenüber dem schwedischen Fernsehen gemacht habe, neu zu überdenken, da deren Folgen sehr schwerwiegend gewesen seien, hieß es. «In Anbetracht dieser Folgen kann ich wahrheitsgemäß sagen, dass es mir leidtut, diese Bemerkungen gemacht zu haben, und dass ich sie nicht gemacht hätte, wenn ich im Vorhinein um den ganzen Schaden und den Schmerz gewusst hätte, die diese verursachen würden», heißt es in der Erklärung.

Im schwedischen Fernsehen habe er nur die Meinung eines Nicht-Historikers geäußert, eine Meinung, die sich vor 20 Jahren auf Grundlage der damals verfügbaren Beweise herausgebildet habe und seither selten in der Öffentlichkeit geäußert worden sei, erklärte der Bischof der umstrittenen erzkonservativen Pius-Bruderschaft.

Der im Päpstlichen Einheitsrat für den Dialog mit dem Judentum zuständige deutsche Salesianer Norbert Hofmann betonte die Bedeutung des intensiven Dialogs zwischen katholischen und jüdischen Religionsvertretern in den vergangenen Wochen. Die durch das päpstliche Entgegenkommen gegenüber dem Holocaust-Leugner entstandenen Wogen seien dabei, sich zu glätten. So sei die für den 12. März vorgesehene Papstaudienz für das israelische Oberrabbinat von jüdischer Seite bestätigt worden, nachdem sie zeitweise infrage gestanden habe.