Zum Stand der Dinge in der Traditionalisten-Debatte

Die Einigungs-Initiative des Papstes bleibt überschattet

Die Einigungsbemühungen zwischen dem Vatikan und den Traditionalisten bleiben verworren. Schien nach der päpstlichen Rücknahme der Exkommunikation für die vier illegal geweihten Mitglieder der Priesterbruderschaft Pius X. das Ende des Schismas greifbar nahe, tauchen immer neue Probleme auf. Und der Fall des Holocaust-Leugners Richard Williamson, der zunächst als eingrenzbarer Nebenschauplatz erschien, erweist sich nun als enormes Hindernis.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

Zum zweiten Mal hat sich der britische Traditionalisten-Bischof Williamson für seinen TV-Auftritt, in dem er die Existenz von Gaskammern bestritt, «entschuldigt». Aber dem Vatikan geht die Erklärung vom Donnerstag nicht weit genug. Er hatte am 4. Februar verlangt, der Kirchenmann müsse sich «absolut unmissverständlich und öffentlich von seinen Aussagen zur Schoah distanzieren». Diese Bedingung scheine nicht respektiert, sagte Vatikansprecher Federico Lombardi am Freitag. Im Übrigen habe es sich bei der «Erklärung» von Williamson mitnichten um einen Brief an den Papst oder an die zuständige Kommission Ecclesia Dei gehandelt.

Die Äußerung war am Vorabend auf einer katholischen Internet-Seite aufgetaucht. Weder im vatikanischen Presseamt noch bei Ecclesia Dei konnte man sich zunächst einen Reim darauf machen. Der Vorgang verstärkte erneut den Eindruck, dass bei den Einigungsbemühungen manches an den vatikanischen Kommunikations- und Dienstwegen vorbeiläuft - und dass die Einbindung von Ecclesia Dei in das Vatikan-Gefüge bis heute nicht ganz geklärt ist.

Schon vor der Klarstellung Lombardis hatten Experten spekuliert, ob die neue Entschuldigung Williamsons - die erste von Ende Januar war nur formal - den vatikanischen Vorgaben entspricht. Die Worte, er habe sich als «Nicht-Historiker» geäußert, deuteten manche als Eingeständnis einer sachlichen Fehleinschätzung. Wichtiger aber sei doch die Äußerung über die Opfer des Holocaust, die Überlebenden und
Verwandten: Dass er hier Schaden und Schmerz eingestanden und «alle, die sich aufgrund meiner Worte aufrichtig entrüstet haben, vor Gott um Vergebung» gebeten habe, sei wichtiger, hieß es im Vatikan. Doch dann setzte sich offenbar die Einschätzung durch, dass auch das nicht genüge.

Offen bleibt, ob das Kapitel Williamson damit ad acta gelegt ist, und der Brite aus den weiteren Einigungsbemühungen ausgeschlossen bleibt; ob er vielleicht doch nochmals - und unmissverständlich - «nachbessert»; oder ob der vom Papst bereits im September 2005 eingeleitete Anlauf zur Überwindung des Schismas nun zum Scheitern verurteilt ist. Denn unabhängig von Williamson, und jenseits der Pannenserie im Vatikan, geht es in erster Linie um das Ende einer Kirchenspaltung.

Papst Benedikt XVI. wollte mit der Rücknahme der Exkommunikation für die vier Bischöfe am 21. Januar eine neue Dialogplattform schaffen.
Dafür erwartete er von den Absolvierten ebenfalls ein Entgegenkommen durch «völlige Folgsamkeit gegenüber der Lehre und der Disziplin der Kirche». Konkret geht es Benedikt XVI. um die «völlige Anerkennung des Zweiten Vatikanischen Konzils und des Lehramts der Päpste», angefangen von Johannes XXIII. über das für Traditionalisten «liberale Feindbild» Paul VI. bis Johannes Paul II. und den heutigen Papst.

Dazu hat die Piusbruderschaft in den vergangenen Wochen verwirrende Signale gegeben, bis hin zum Anspruch, die Kirche müsse auf ihre Linie einschwenken. Gesprächsstoff hatte sich auch über die Verbindlichkeitsgrade von Konzilstexten gezeigt.

Schon die Theologische Kommission des Konzils hatte im Zusammenhang mit dem Dokument «Lumen gentium» am 16.11.1964 betont, das Konzil definiere «nur das als für die Kirche verbindliche Glaubens- und Sittenlehre, was es selbst deutlich als solche erklärt». Was aber das Konzil sonst vorlegte, «müssen alle und jeder der Christgläubigen als Lehre des obersten kirchlichen Lehramtes annehmen und festhalten». Noch ist nicht absehbar, ob es jenseits des «Falls Williamson» überhaupt zu einer Sachdiskussion über solche Feinheiten kommt, oder ob das Entgegenkommen des Papstes unbeantwortet bleibt.