Auch in Argentinien ist Holocaust-Leugner Williamson im Abseits

Die Türen schließen sich

Geistige Enge haben dem Traditionalisten-Bischof Richard Williamson in den vergangenen Wochen viele vorgeworfen. Aber auch in ganz anderer Hinsicht wird es nun ziemlich eng für den Holocaust-Leugner. In Argentinien, wo er bis vor kurzem nahe Buenos Aires das Priesterseminar La Reja seiner Pius-Bruderschaft leitete, setzt man ihm nun den Stuhl vor die Tür. Wie geht es nun weiter?

Autor/in:
Alexander Brüggemann
Richard Williamson: Umstrittener Bischof der Priesterbruderschaft St. Pius X. (KNA)
Richard Williamson: Umstrittener Bischof der Priesterbruderschaft St. Pius X. / ( KNA )

Schon vor einigen Wochen wurde Williamson von seinem Amt als Regens abgesetzt; Medienberichten zufolge ist er bereits von La Reja abgereist. Und nun noch die Abseitsstellung durch das Innenministerium: Die argentinische Regierung lässt Williamson wissen, dass er nicht mehr willkommen ist. Wenn er nicht binnen zehn Tagen das Land verlässt, werde er abgeschoben.

Die Begründung ist offenbar gesucht - denn die Leugnung des Holocaust ist in Argentinien (noch) kein Straftatbestand. Ein entsprechender Gesetzentwurf ist erst jetzt auf den Weg gebracht. Doch die Behörden fanden einen gangbaren Pfad in den Einwanderungsakten. Dort nämlich, so berichtet die Presse unter Berufung auf das Innenministerium, habe der Brite wiederholt falsche Angaben über den Grund seines Aufenthaltes gemacht. Zudem habe er seinen geistlichen Stand verschwiegen.

Nun wird die Zeit knapp für Williamson, um gleich mehrere wichtige Lebensentscheidungen zu treffen: Was antwortet er auf das Ultimatum aus dem Vatikan, bis Ende des Monats seine Thesen über die Nicht-Existenz von Gaskammern und die Zahl der in der Schoah ermordeten Juden zu widerrufen? Davon hängt wohl entscheidend ab, ob er - eher unwahrscheinlich - überhaupt noch ein Amt in der römischen Kirche wird übernehmen können, oder ob er gar eine neuerliche Kirchenstrafe zu gewärtigen hat. Auch wird der Fall Williamson womöglich dem Fortgang der Gespräche zwischen dem Vatikan und seiner Pius-Bruderschaft eine Richtung geben - obwohl diese sich so weit wie möglich von dem Holocaust-Leugner distanziert.

Vor allem aber muss Williamson nun auf Wanderschaft, um eine neue Bleibe zu finden. Und das wird nicht ganz einfach werden. Ein Land muss es sein, in dem die Leugnung des Holocaust nicht unter Strafe steht. Ein Land, das kein Auslieferungsabkommen mit Staaten hat, die ihn jetzt oder in Zukunft vor Gericht stellen könnten. Ein Land schließlich, dass keine freundschaftlichen Beziehungen zu Israel pflegt und in dem er, leidlich unbehelligt, einen neuen Anlauf für was auch immer starten könnte. Der Spekulation sind bei diesen Voraussetzungen Tür und Tor geöffnet. Deutschland ist sicher nicht dabei.

Auch die Leitung der Pius-Bruderschaft ist im Umgang mit Williamson in die Zwickmühle geraten. Denn der Brite gehört sozusagen zur Gründungsgeneration der Traditionalisten, empfing die Bischofsweihe 1988 von Erzbischof Marcel Lefebvre (1905-1991) persönlich. Dass er so gar keine Anhänger mehr im Spektrum der Lefebvristen haben sollte, ist kaum vorstellbar.

Je mehr also die Führung in Menzingen demonstrativ von Williamson abrückt, um die römische Karte nicht zu verspielen, desto lauter dürfte das Murren in den eigenen Reihen werden. Und scheitert die «Bekehrung Roms», wie sie einem weiteren der vier Bischöfe, Bertrand Tissier de Mallerais, offenbar vorschwebt, ist der Weg zur Dolchstoßlegende nicht weit.

Wenn Williamson dieser Tage von jenen Büchern aufblickt, die ihm angeblich Klarheit über den Sachverhalt des Holocaust verschaffen sollen, so wird er feststellen müssen: Es ist einsam geworden um ihn. Kein Regens ist er mehr dieser Tage; ein Bischof ohne Amtsrechte. Ein unerwünschter Brite in einem Südamerika, wo Rechtsaußen-Sympathien keine Konjunktur mehr haben. Ein Rechthaber, der nicht Recht hat. Schon klingen die Worte von David de Rothschild nach, Präsident der französischen Stiftung zur Erinnerung an die Schoah, der Williamson zuletzt eine späte Reue prophezeite und ihm sein Mitleid bekundete: «Bis zu Ihrem letzten Atemzug», so Rothschild, «werden Scham und Schande an Ihrem Gewissen nagen». Da könnte es schon tröstlich werden, dass Williamson seit Aufhebung seiner Exkommunikation wieder freien Zugang zum katholischen Buß-Sakrament hat.