Regisseur Christian Stückl, geboren 1961 in Oberammergau, wird auch im Jahr 2030 die weltberühmten Passionsspiele seiner Heimatstadt auf die Bühne bringen. Es wird die fünfte Passion des heute 62-Jährigen, der 1987 als damals jüngster Spielleiter diese Aufgabe übernommen hatte.
Die Passionsspiele gehen auf ein Pestgelübde aus dem Jahr 1633 zurück. Damals versprachen die Oberammergauer, alle zehn Jahre das Leiden, Sterben und die Auferstehung Christi aufzuführen, wenn niemand mehr erkranke - was der Legende nach auch geschah.
Stückl kündigte an, dass es ihm 2030 vor allem auf die Figur des Jesus ankommen werde. 80 Prozent der Jugendlichen könnten mit der Figur Jesus nichts mehr anfangen. Gerade die Jugend gelte es aber in Zeiten der Theaterkrise zu begeistern. Auch die Frauenfiguren in der Geschichte um das Sterben Jesu wolle er sich neu anschauen. Erneut will er darauf achten, dass jede Form von etwaiger Judenfeindlichkeit gestrichen bleibt. Seit 1990 hat Stückl die Spiele konsequent von christlichen Anti-Judaismen befreit, entstaubt und mit eindrucksvollen Inszenierungen zum über Deutschlands Grenzen hinaus gefragten Kulturereignis gemacht.
Heute sind die Oberammergauer Passionsspiele das wohl größte Laientheater der Welt. Und das ist nicht unwesentlich Christian Stückl zu verdanken. Zur Passion 2022 kamen mehr als 400.000 Besucher - ein Millionengeschäft für den kleinen Ort.
Christian Stückls Laufbahn begann 1981 mit dem Aufbau einer eigenen Theatergruppe in Oberammergau. 1987 wurde er Spielleiter der Passionsspiele in Oberammergau. 1987 assistierte Christian Stückl an den Münchner Kammerspielen, wo er 1991 für seine erste eigene Regiearbeit, der Uraufführung von Werner Schwabs "Volksvernichtung oder meine Leber ist sinnlos", von der Zeitschrift "theater heute" zum Nachwuchsregisseur des Jahres gekürt wurde. Stückl blieb bis 1996 an den Münchner Kammerspielen. Im Anschluss arbeitete er als freier Regisseur u. a. in Hannover, Frankfurt, Wien und Bonn.
Seit 2002 ist Christian Stückl Intendant des Münchner Volkstheaters. 2009 hatte seine Inszenierung von Hans Pfitzners "Palestrina" an der Bayerischen Staatsoper in München Premiere. Deren Wiederaufnahme war 2012 an der Staatsoper in Hamburg zu sehen. Bei den Salzburger Festspielen 2012 inszenierte er zum elften und letzten Mal den "Jedermann" von Hugo von Hofmannsthal. In der Spielzeit 2011/12 inszenierte er Tankred Dorsts "Merlin oder Das wüste Land" am Schauspielhaus Zürich und an der Staatsoper Hamburg "Ariadne auf Naxos" von Richard Strauss.
Seit 2011 inszeniert Christian Stückl jedes Jahr ein Stück im Passionstheater Oberammergau. 2011 den Roman von Thomas Mann "Joseph und seine Brüder", 2012 Shakespeares "Antonius und Cleopatra" und 2013 "Moses", ein Auftragswerk von Feridun Zaimoglu. 2014 inszenierte er in Oberammergau den "Sommernachtstraum" von Shakespeare, 2015 die Oper "Nabucco" von Giuseppe Verdi, 2016 "Kaiser und Galiläer" von Henrik Ibsen und 2017 "Der fliegende Holländer" von Richard Wagner. 2018 inszenierte er "Wilhelm Tell" von Friedrich Schiller und 2019 "Die Pest". 2014 in Wien am Burgtheater, von Peter Turini, "Bei Einbruch der Dunkelheit" und 2016 ebenfalls am Burgtheater Wien "Der Diener zweier Herren" von Goldoni.
Für seine Arbeit erhält Stückl zahlreiche Auszeichnungen. Im Jahr 2011 wird er mit dem Oberbayerischen Kulturpreis, dem Bayerischen Verdienstorden, dem Großen Verdienstzeichen des Landes Salzburg sowie dem Oberbayerischen Integrationspreis ausgezeichnet. Es folgen weitere Auszeichnungen, wie 2014 den Theaterpreis der Landeshauptstadt München, 2016 die Bayerische Verfassungsmedaille in Silber, 2020 der Abraham-Geiger-Preis für "Verdienste um das Judentum in seiner Vielfalt", 2021 der Toleranzpreis der Evangelischen Akademie Tutzing und die Buber-Rosenzweig-Medaille und der Isaiah Award for Exemplary Interreligious Leadership in 2022.