DOMRADIO.DE: Am Sonntag wird die diesjährige Weihnachtsaktion von Adveniat feierlich mit einem Gottesdienst im Mainzer Dom eröffnet (DOMRADIO.DE überträgt den Gottesdienst live). Warum machen Sie den Amazonas in diesem Jahr zu Ihrem Thema?
Pater Martin Maier SJ (Hauptgeschäftsführer von Adveniat): Weil von den Regenwäldern im Amazonas auch unsere gute Zukunft abhängt. Die Regenwälder dort sind die größten CO2-Speicher und schützen damit das Weltklima vor einer zusätzlichen Erwärmung. Es ist auch der Ort der größten Biodiversität. Die meisten Arten finden Sie in den Amazonas-Wäldern.
Papst Franziskus hat vor zehn Jahren mit seiner Enzyklika "Laudato Si" der Kirche und allen Menschen guten Willens ins Stammbuch geschrieben, für die Umwelt Sorge zu tragen – für unser gemeinsames Haus, wie er es genannt hat.
DOMRADIO.DE: Gerade erst vergangene Woche ist in Brasilien auch die Weltklimakonferenz zu Ende gegangen, in der es um genau diese Frage gehen sollte, die auch Sie aufwerfen: Wie kann der Klimawandel wirksam gebremst werden? Wie bewerten Sie die Ergebnisse dieser UN-Konferenz?
Maier: Ich bin enttäuscht über die Ergebnisse dieser Weltklimakonferenz, weil ich gehofft hatte, dass sich die 193 dort versammelten Staaten auf einen Ausstieg aus der fossilen Energie einigen können. Das war nicht möglich.
Aber es ist ja nicht nur das Schlussdokument, das man bei einer solchen Konferenz im Blick haben sollte, sondern das ganze Ereignis. Da war auch der Gipfel der Völker wichtig, bei dem sich die Indigenengruppen aus den Amazonas-Regenwäldern versammelt und zu Wort gemeldet haben. Sie sind die wirklichen Schützer der Regenwälder. Davon sind wichtige Impulse ausgegangen.
DOMRADIO.DE: Wie fördert Adveniat konkret Klimaschutzprojekte in Lateinamerika?
Maier: Für uns ist Klimaschutz ein ganz wichtiger Bereich in unserer Projektarbeit. Wir fördern Projekte mit Solarenergie. Wir unterstützen agroökologischen Anbau. Schwester Elis dos Santos aus dem brasilianischen Manaus ist als Aktionsgästin für die Eröffnung unserer Weihnachtsaktion in Mainz und erzählt über ihre Arbeit im Amazonas-Haus, wo auf ökologisch verträgliche Weise Gemüse und Obst angebaut wird. Dort wird gezeigt, dass man auch eine andere Form von Wirtschaft praktizieren kann, eine Form gerechten Wirtschaftens.
Das sind Projekte, die Adveniat unterstützt. Außerdem auch Gruppen, die sich für den Schutz der Umwelt und der Regenwälder einsetzen, die von internationalen Firmen bedroht werden. Es ist wichtig, diesen Menschen Rechtsbeistand zu ermöglichen.
DOMRADIO.DE: Ihre Botschaft ist, dass wir nicht weitermachen können wie bisher. Auch wir Industrienationen müssen unseren Konsum und unseren Lebensstil verändern. Das ist keine besonders populäre Forderung...
Maier: Nein, das ist keine populäre Forderung. Zumindest für die, die nicht wahrnehmen, was auch Papst Franziskus in Laudato Si formuliert hat: dass weniger mehr sein kann. Für mich ist ein ganz wichtiger Satz des Evangeliums: Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber seine Seele, sein Leben verliert.
Das können wir auch von den indigenen Völkern lernen. Das "Buen Vivir", das gute Leben in Harmonie mit der Natur und miteinander. Papst Franziskus hat es die glückliche Genügsamkeit genannt. Es kann glücklich machen, auf überflüssige Dinge zu verzichten und einen Lebensstil zu praktizieren, der in Harmonie mit der Natur ist und auch ein Beitrag zu einem gerechteren Weltwirtschaftssystem ist.
Das Interview führte Annika Weiler.