Das Land sei weiterhin von ethnisch-konfessionellen Spannungen und Kriminalität geprägt, der Wiederaufbau gehe noch schleppend voran, in Großstädten wie Homs, Idlib und Aleppo etwa sei jedes dritte Haus noch unbewohnbar. Zudem seien über 40 Prozent der Krankenhäuser nicht funktionstüchtig, Preise für Nahrungsmittel hätten sich seit dem Sturz des Assad-Regimes um 200 bis 400 Prozent erhöht. "Wer in Syrien lebt, setzt sich großen Risiken aus", betont Oliver Müller.
Vor diesem Hintergrund kritisiert die Caritas die jüngste politische Debatte in Deutschland, die durch die Äußerungen von Außenminister Johann Wadephul ausgelöst wurde. Diese werde zu selten auf Basis der Fakten geführt, so Müller. "Politische Symboldebatten gefährden Integration und humanitäre Prinzipien gleichermaßen."
Zudem gehe die Debatte auch an der juristischen Realität vorbei. So sei nur rund ein Prozent der Syrerinnen und Syrer in Deutschland tatsächlich ausreisepflichtig. „Der Entzug eines Aufenthaltstitels folgt klar definierten rechtsstaatlichen Verfahren - er lässt sich nicht durch politische Rhetorik herbeiführen“, mahnt der Caritas-Vorstand.
Verunsicherung bei Syrern in Deutschland
Statt zu helfen, habe die Debatte gerade bei den in Deutschland lebenden Syrern zu großer Verunsicherung geführt. "Selbst Syrer und Syrerinnen mit deutscher Staatsangehörigkeit fragen mittlerweile nach, was die politischen Diskussionen für sie persönlich und die Zukunft ihrer Familie bedeuten könnten“, erklärt Müller. "Machen wir uns klar: Die Menschen, über deren Köpfe hinweg gerade debattiert wird, sind unsere Nachbarinnen und Freunde, unsere Kolleginnen und Kollegen, die Freundinnen und Freunde unserer Kinder."
Die Caritas fordert eine Politik, die die Realität in Deutschland und Syrien anerkenne. Es gelte, „humanitäre Hilfe zu sichern, den Wiederaufbau langfristig zu unterstützen, Geflüchtete zu schützen, Integration zu stärken und politische Debatten an den Fakten auszurichten“, sagt Müller.