Christen in Syrien haben laut missio-Umfrage Angst

Wie Fremde im eigenen Land

Das katholische Hilfswerk missio fordert von der Bundesregierung mehr Einsatz für Religionsfreiheit in Syrien. Laut einer aktuellen Umfrage vertrauten viele Gläubige dem einstigen Rebellenführer Ahmed al-Scharaa nicht.

Die vom so genannten IS zerstörte Kirche der Jungfrau Maria in dem nordsyrischen Dorf Tel Nasri / © Bernat Armangue/AP (dpa)
Die vom so genannten IS zerstörte Kirche der Jungfrau Maria in dem nordsyrischen Dorf Tel Nasri / © Bernat Armangue/AP ( dpa )

Eine aktuelle Umfrage unter den syrischen Partnern zeige, dass die christlichen Gemeinden vor Ort das Vertrauen in den Reformwillen der Regierung unter dem einstigen Rebellenführer Ahmed al-Scharaa verloren und große Angst vor der Zukunft hätten, teilte das Hilfswerk am Sonntag in Aachen mit. Auch die jüngsten Wahlen empfänden die Kirchen als "Enttäuschung und weiteren Schritt in Richtung Marginalisierung, Recht- und Schutzlosigkeit".

Ahmed al-Scharaa, auch bekannt als Abu Mohammed al-Dschulani ist Syriens Übergangspräsident  / © Mosa'ab Elshamy (dpa)
Ahmed al-Scharaa, auch bekannt als Abu Mohammed al-Dschulani ist Syriens Übergangspräsident / © Mosa'ab Elshamy ( dpa )

So seien bei der Wahl am 5. Oktober in Syrien von 210 Parlamentssitzen rund ein Drittel vom Präsidenten selbst besetzt worden, hieß es. Bei 23 Millionen Einwohnern hätten zudem nur wenige Tausend ihre Stimme abgegeben, Frauen und Christen seien darunter kaum vertreten.

Häuser geplündert, Kirchen niedergebrannt

Das Fehlen spürbarer Reformen stärke extremistische Kräfte, warnte missio. Radikale Gruppen mit islamistischen Ansichten prägten zunehmend das öffentliche Leben, Bildungseinrichtungen und Verwaltungen. Christen fühlten sich wie Fremde im eigenen Land. In Regionen wie Homs, Hama und Suwayda sei die Lage nach Angaben der missio-Partner besonders dramatisch: In der Provinz Suwayda seien 36 Dörfer geräumt, Häuser geplündert und Kirchen niedergebrannt worden. Sechs Dörfer seien laut der Umfrage völlig zerstört worden.

Ein Kreuz steht auf dem Gelände des griechisch-orthodoxen Klosters Saint Takla in Maaloula / ©  Leo Correa (dpa)
Ein Kreuz steht auf dem Gelände des griechisch-orthodoxen Klosters Saint Takla in Maaloula / © Leo Correa ( dpa )

Vor diesem Hintergrund müssten sich die Europäische Union und die Bundesregierung stärker für Christen und andere religiöse Minderheiten in Syrien einsetzen, appellierte Dirk Bingener, Präsident von missio, an das CDU-geführte deutsche Außenministerium. "Bei politischen Gesprächen zum Wiederaufbau muss Syrien die volle Religionsfreiheit für alle religiösen Minderheiten garantieren", forderte Bingener.

Nach fast 14 Jahren Bürgerkrieg hatte eine Rebellenkoalition unter Führung der islamistischen Miliz Haiat Tahrir al-Scham (HTS) im Dezember 2024 das diktatorische Regime des Präsidenten Baschar al-Assad in Syrien gestürzt. Ende Januar wurde HTS-Anführer Ahmed al-Scharaa zum Interimspräsidenten ernannt.

Christen in Syrien

Syrien gilt als Wiege des Christentums. Vor dem 2011 ausgebrochenen Bürgerkrieg waren laut Daten der Linzer "Initiative Christlicher Orient" etwa 7 Prozent der damals 21 Millionen Syrer christlich. Aktuelle Zahlen sind schwer zu ermitteln, auch weil mindestens 5,5 Millionen Syrerinnen und Syrer aus dem Land geflohen sind. Nach verschiedenen Schätzungen soll es noch maximal 500.000 Christen in Syrien geben. Rund drei Viertel der Syrer sind sunnitische Muslime, etwa 12 Prozent gehörten vor dem Krieg der Sekte der Alawiten an, darunter auch der nun gestürzte Assad-Clan. 

Außenansicht der Kirche Sankt Georg in Izra (Syrien) / © Karin Leukefeld (KNA)
Außenansicht der Kirche Sankt Georg in Izra (Syrien) / © Karin Leukefeld ( KNA )
Quelle:
epd