DOMRADIO.DE: Ein verpflichtendes soziales Jahr für alle Rentnerinnen und Rentner; dieser Vorschlag vom Wirtschaftswissenschaftler Marcel Fratscher wird gerade heftig diskutiert. Was halten Sie davon?
Bianca Pohlmann (Referentin für Engagementförderung, Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln e.V.): Grundsätzlich funktioniert unsere Gesellschaft nur mit Engagement und mit Ehrenamtlichen, die sich einbringen. Aber das sollte immer freiwillig sein. Denn wenn wir schauen, wer sich einbringen möchte: Es gibt viele Menschen, die das tun, und viele, die es auch möchten. Da sollten wir auch weiterhin auf Freiwilligkeit setzen.
DOMRADIO.DE: Wie ist es denn um die Motivation der älteren Generation bestellt? Verzeichnen Sie da eine Zunahme im Ehrenamt, also eine zunehmende Motivierung, sich im sozialen Bereich zu engagieren?
Pohlmann: Generell kann man sagen, ein Drittel der Menschen ab 65 Jahren sind schon ehrenamtlich aktiv und bringen sich in den verschiedensten Bereichen ein. Die Altersgruppe der ab 65-Jährigen ist diejenige mit der Engagementquote, die am stärksten steigt.
1999 waren es noch 18 Prozent und mittlerweile sind wir knapp über 31 Prozent. Die Motivation der älteren Generation ist groß. Sie haben oftmals mehr Zeit als andere und bringen sich vielfältig ein.
DOMRADIO.DE: Diese Generation wird teilweise auch in die Pflicht gerufen, weil sie ihren Ehepartner oder ihre Ehepartnerin ehrenamtlich pflegt. Ist das nicht auch eine Form von Ehrenamt, zwangsläufig?
Pohlmann: Natürlich, das ist so gar nicht in Zahlen zu fassen, aber viele, die ihre Partner oder Partnerinnen pflegen, bringen sich damit ein und leisten einen Dienst, der gar nicht so anzurechnen ist.
DOMRADIO.DE: In welchen Bereichen engagieren sich Rentnerinnen und Rentner denn ehrenamtlich?
Pohlmann: Das kann man gar nicht so festmachen und sagen, dass es ab einer Altersgruppe ein bestimmtes Ehrenamt gibt. Eigentlich überall dort, wo sie ihre Talente, ihr Wissen und ihre Erfahrungen gut einbringen können. Das kann im Besuchsdienst sein, in den Krankenhäusern, das kann in der Arbeit mit Geflüchteten sein, das kann in einer Bahnhofsmission sein. Aber auch im Austausch mit jüngeren Menschen als Mentorinnen und Mentoren; da gibt es eigentlich nicht unbedingt die Beschränkung, sondern da muss man wirklich draufschauen, was der Einzelne mitbringt.
DOMRADIO.DE: Sie sind grundsätzlich dagegen, egal ob alt oder jung, zum Ehrenamt im Sozialen Dienst zu verpflichten. Warum?
Pohlmann: Grundsätzlich kann man sagen, die Bereitschaft zu Engagement ist schon groß. Man geht ungefähr von 40 Prozent der Menschen ab 14 Jahren aus, die sich engagieren und noch mehr, die auch bereit wären, sich zu engagieren.
Es gibt schon gute Strukturen, in denen man sich einbringen kann. Vielleicht muss man mehr den Blick darauf lenken, dass diese Strukturen gestärkt werden und es den Menschen leichter gemacht wird und ermöglicht wird, sich zu engagieren.
DOMRADIO.DE: Sie sind Caritas-Referentin für Engagementförderung. Was machen Sie, was macht die Caritas, um das Engagement im Ehrenamt zu fördern?
Pohlmann: Ich bin als Ansprechperson rund um das Thema Ehrenamt tätig. Im Endeffekt geht es darum, Menschen dabei zu unterstützen, sich zu engagieren, sie zu stärken, die Rahmenbedingungen darauf auszulegen, sich zu qualifizieren.
Es geht aber auch darum, solche Strukturen zu stärken und aufzubauen, wie eine Ehrenamtskoordination und eine Begleitung von Ehrenamtlichen, die es ihnen leichter machen, sich zu engagieren.
Das Interview führte Tobias Fricke.