Bischof Overbeck wünscht sich von neuem Papst Friedens-Bemühungen

"So friedlos wie selten zuvor"

Der neue Papst brauche einen wachen Sinn für die Weltsituation, genau wie Franziskus ihn hatte, sagt Bischof Franz-Josef Overbeck. Neben dem Einsatz für Frieden, ist für den Ruhrbischof das Engagement für die Armen die größte Aufgabe.

Bischof Franz-Josef Overbeck / © Lars Berg (KNA)
Bischof Franz-Josef Overbeck / © Lars Berg ( KNA )

DOMRADIO.DE: Was erwarten Sie sich als Adveniat-Bischof von einem neuen Papst-Pontifikat? 

Bischof Franz-Josef Overbeck (Adveniat-Bischof und Bischof des Bistums Essen): Im Rahmen der Geschichte unserer Kirche gibt es immer gewisse Kontinuitäten, wenn ein Papst stirbt oder wie bei Benedikt das Amt verlässt und ein Neuer kommt. Es gibt aber auch Neues, welches vorher nicht zu erwarten war. 

Franz-Josef Overbeck

"Ich hoffe zumindest, dass zu den Kontinuitäten ein wacher Sinn für die Weltsituation gehört, die so friedlos ist wie selten im Verhältnis zu den anderen Jahren vor uns".

Ich hoffe zumindest, dass zu den Kontinuitäten ein wacher Sinn für die Weltsituation gehört, die so friedlos ist wie selten im Verhältnis zu den anderen Jahren vor uns. Die Stimme des Papstes kann da genau das bewirken, was wir unter Johannes Paul II., aber jetzt auch unter Papst Franziskus erlebt haben. 

Gleichzeitig hoffe ich sehr, dass sein Engagement für die Inkulturation der Kirche selbst in sehr unterschiedliche Weltregionen weiter voranschreiten kann. Man denke nur an das Engagement von Papst Franziskus im Blick auf den Amazonas, aber auch hinsichtlich der Fragen, wie wir mit Gerechtigkeit oder der Interkulturalität von Religionen umgehen. Sein Engagement in Abu Dhabi, in Afrika und Asien haben das gezeigt. 

Mir ist aber auch klar, dass wir in neuen Zeiten leben, was die Frage der Säkularität angeht. So wird sicherlich für uns in Europa eine der wichtigen Fragen sein, wie wir gemeinsam damit umgehen. 

Das ist nicht nur eine Frage der katholischen Kirche, sondern aller Christinnen und Christen im Unterschied zu vielen anderen Kontinenten. Auch hier weht Gottes Geist und auch hier sind die nächsten Schritte gemeinsam zu suchen und zu finden.

DOMRADIO.DE: Sie haben die aktuelle Weltlage angesprochen. Papst Franziskus ist an die Ränder gegangen, hieß es immer. Gleichzeitig heißt es, Europa sei das Altenheim der katholischen Kirche. Wenn ein neuer Papst wieder von den Rändern kommt, was könnte der für Adveniat tun? 

Franz-Josef Overbeck

"Man muss sich immer wieder neu als Christ auf die Mitte zubewegen und das gilt für alle."

Overbeck: Diese Vergleiche haben mir noch nie gefallen, die werde ich auch nicht benutzen. In Europa ist es eine große, neue Herausforderung, in einer absoluten Säkularität den Glauben neu zu lernen, angesichts der langen Geschichte von fast 1700, 1800 Jahren, in denen die Kreativität des europäischen Kontinents gerade im Blick auf das Christentum auch bewiesen wurde.

Von daher gilt auch dieses schöne Bild von den Rändern. Man muss sich immer wieder neu als Christ auf die Mitte zubewegen. Das gilt für alle. 

DOMRADIO.DE: Ist Europa vielleicht einer der zukünftigen Ränder der katholischen Kirche? Wenn das Papstamt jetzt nach Asien, Afrika oder sogar wieder Lateinamerika geht? 

Franz-Josef Overbeck

"Wer Papst ist, muss unter verschiedenen Rücksichten für alle unterschiedlichen Kulturen eine Aufmerksamkeit haben".

Overbeck: Wer Papst ist, muss unter verschiedenen Rücksichten für alle unterschiedlichen Kulturen eine Aufmerksamkeit haben. Das gehört auch zu den Aufgaben des Neuen. 

DOMRADIO.DE: Wie hat rückblickend Franziskus oder sein Pontifikat Adveniat unterstützt? 

Overbeck: Es gab immer eine selbstverständliche Verbindung, die natürlich daher rührte, dass Adveniat das Hilfswerk der Katholiken in Deutschland für Lateinamerika und die Karibik ist. Von daher gab es – ich erinnere mich gut daran – immer schon Kontakte mit ihm, noch als Erzbischof von Buenos Aires. 

Der damalige Hauptgeschäftsführer, Prälat Klaschka, hat ihn dort damals noch besucht. Für mich war das noch eher der Anfang meiner Tätigkeit als Adveniat-Bischof, als Papst Franziskus am 13. März 2013 gewählt wurde. 

Aber seitdem hat es immer viele selbstverständliche Kontakte unter uns gegeben, einen solchen Faden gegeben, an dem wir gemeinsam gesponnen haben, was zum Beispiel den Unterstützungsprozess im Amazonas angeht, was aber auch viele Projekte angeht, mit denen wir nach dem Maß des Unmöglichen etwas für die Armen tun konnten. 

DOMRADIO.DE: Die USAID wurde sehr abrupt gestrichen und der Adveniat-Hauptgeschäftsführer Pater Meier sprach schon von Rechtsstaatlichkeit. Wie wichtig ist Rechtsstaatlichkeit im kirchenpolitischen Kontext mit Blick auf die innenpolitische Lage in Deutschland? 

Overbeck: Eines der großen positiven Herausforderungen, die wir zu bestehen haben, ist politisch gerade an einem solchen Tag wie heute, dem 8. Mai, dafür Sorge zu tragen, dass Rechtsstaatlichkeit, dass die Stärke des Rechts vor dem Recht des Stärkeren obsiegt und dass das auch mit demokratischen Zuständen zu tun hat. Das gilt es zu bewahren beziehungsweise zu stärken. 

Man kann gerade an einem heutigen Tag, 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges mit all seinen Schrecknissen, genau sehen, was es bedeutet, wenn solche Ordnungsprinzipien nicht mehr gelten. Solche Herausforderungen bestehen auch in nicht wenigen Ländern Lateinamerikas und der Karibik. Von daher haben wir als Adveniat auch hier noch weiter viel zu tun.

DOMRADIO.DE: Welche rechtsstaatlichen Prinzipien, gerade auf internationaler Ebene, sind denn konkret für Lateinamerika wichtig? 

Overbeck: Zum Beispiel das Prinzip der Menschenwürde. Wenn man an Staaten denkt, die wegen der berechtigten Sorge darum, dass Gewalttaten und Kriminalität verringert werden, nicht mehr darauf achten, um welche Menschen es sich handelt, die zum Beispiel in Gefängnisse gesteckt werden, dann übergehen sie das Prinzip der Menschenwürde.

Denken wir an Länder wie El Salvador, denken wir aber auch an Zustände wie in Nicaragua. Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass das zu den Standards gehört, von denen wir auf keinen Fall abweichen werden. 

Das Interview führte Maximilian Helmes. 

Steigende Spendenbereitschaft für Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat

Das katholische Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat blickt dank steigender Spenden auf ein positives Haushaltsjahr zurück. "Mehr Spenden und mehr Geld für mehr als 1.000 Projekte in Lateinamerika und der Karibik: Auf diese Bilanz sind wir beim Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat durchaus stolz", sagte Adveniat-Bischof Franz-Josef Overbeck bei Vorstellung des Jahresberichts 2023/2024 am Donnerstag in Essen.

Eröffnung der Adveniat-Aktion 2016 / © Rolf Vennenbernd (dpa)
Eröffnung der Adveniat-Aktion 2016 / © Rolf Vennenbernd ( dpa )

 

Quelle:
DR

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