Im Vatikan sind die Vorbereitungen für die größte Papstwahl aller Zeiten in vollem Gange. Alle Kardinäle, die zum Zeitpunkt des Todes unter 80 Jahre alt waren, sind wahlberechtigt. Bei diesem Konklave sind das 135 Kardinäle. Von ihnen werden nur jene nicht mit wählen, die sich mit ärztlicher Bescheinigung abgemeldet haben. Dies haben laut vatikanischem Presseamt bisher zwei Kardinäle getan, so dass voraussichtlich 133 Kardinäle am 7. Mai in die sixtinische Kapelle einziehen werden.
Nach dem Tod von Papst Franziskus war zunächst unklar, wie viele Kardinäle beim anstehenden Konklave wahlberechtigt sind. Nun hat die Versammlung der Kardinäle diese Frage verbindlich entschieden. Papst Franziskus hat mehr wahlberechtigte Kardinäle ernannt hat als dies nach dem Kirchenrecht vorgesehen war. Die Obergrenze hatte Papst Johannes Paul II. im Jahr 1996 per Gesetz auf 120 Papstwähler festgelegt. Dazu teilte nun das Kardinalskollegium mit, dass Franziskus eine Dispens von dieser rechtlichen Vorschrift verfügt habe und "jene Kardinäle, die über die festgelegte Höchstzahl hinaus ernannt wurden, das Recht erworben haben, den Römischen Pontifex zu wählen."
Drei deutsche Kardinäle sind stimmberechtigt: Reinhard Marx (71), Gerhard Ludwig Müller (77) und Rainer Maria Woelki (68). Der Kölner Erzbischof sagte im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Mittwoch, dass die Zukunftsthemen für die Kirche auf dem Tisch lägen: Glaubensverkündigung und Säkularisierung, Kriege, technologischer Fortschritt und gefährdete Demokratien. Bisher habe er noch keinen bestimmten Kandidaten im Blick, allenfalls drei, vier Männer, die für das Papstamt geeignet sein könnten, so Woelki. Als Kardinal im Konklave vertrete er nicht die Kirche in Köln oder Deutschland: "Als Bischof bin ich in diesem geistlichen Prozess vor allem meinem Gewissen verpflichtet."
Spannungen in der Kirche
Eine Woche vor Beginn der Papstwahl sprachen die Kardinäle in Rom explizit über Spannungen in der Kirche. Sie hätten die Polarisierung in Kirche und Gesellschaft als eine offene "Wunde" bezeichnet, berichtete Vatikansprecher Matteo Bruni über die Redebeiträge des Kardinalskollegiums beim sogenannten Vorkonklave.
In der Amtszeit von Franziskus (2013-2025) hatte es als Folge kontroverser Entscheidungen des Papstes sowie durch eine Veränderung der Debattenkultur immer wieder ungewöhnlich scharfe innerkirchliche Konflikte gegeben. Insbesondere konservative und traditionalistische Kreise beklagten dies in den vergangenen Jahren.
Missbrauchsbetroffene kritisierten unterdessen die Anwesenheit einiger durch Strafverfahren belasteter Kardinäle beim aktuellen Vorkonklave im Vatikan. Der Sprecher der Initiative "Eckiger Tisch", Matthias Katsch, forderte transparente und weltweit einheitliche Verfahren und Regelungen für den Umgang mit klerikalen Missbrauchstätern und Vertuschern, die auch nach dem Tod eines Papstes sicher angewandt werden müssten.
Schwierige finanzielle Lage
Die in Rom versammelten Kardinäle sprachen am Mittwoch auch über die schwierige finanzielle Lage des Vatikans. Als erster äußerte sich dazu Kardinal Marx als Koordinator des Wirtschaftsrats des Heiligen Stuhls, wie Vatikansprecher Bruni mitteilte. Der Münchner Erzbischof habe dabei die Frage der "finanziellen Nachhaltigkeit" betont, die nötig sei, um den Dienst des Vatikans für die Weltkirche sicherzustellen. Neben Herausforderungen habe Marx auch Lösungsvorschläge genannt.
Papst Franziskus hatte in seinem letzten Amtsjahr wiederholt auf das dramatische Defizit des Vatikans hingewiesen. Im September 2024 rief er die Kardinäle in einem Brandbrief zu mehr Sparsamkeit und zu neuen Finanzierungsideen auf. Noch vom Krankenbett aus ordnete er am 26. Februar die Gründung einer neuen Kommission an, die sich verstärkt um Fundraising für den Vatikan kümmern soll.
Der Vatikan hat seit mehr als zwei Jahren keinen ordentlichen Haushalt mehr veröffentlicht. Laut Medienberichten hat der Heilige Stuhl ein strukturelles Defizit von rund 80 Millionen Euro. Anders als andere Staaten hat der Vatikan seit dem 20. Jahrhundert keinen Zugang mehr zum internationalen Kapitalmarkt, um sich dort über Staatsanleihen zu finanzieren.
Kardinäle bitten um Gebet
Die Kardinäle haben die Gläubigen außerdem um Gebet und innere Beteiligung gebeten. Diese seien eingeladen, das "Ereignis als ein Geschehen der Gnade und der geistlichen Unterscheidung zu leben und dabei auf den Willen Gottes zu hören", heißt es in einer am Mittwoch auf Italienisch, Englisch, Deutsch, Portugiesisch und Polnisch veröffentlichten Mitteilung des Vatikans.
Aufgrund ihrer Verantwortung verspürten die Kardinäle die Notwendigkeit, vom Gebet aller Gläubigen unterstützt zu werden, hieß es. Wegen der dringenden Erfordernisse der heutigen Zeit sei es vor allem geboten, "in Demut zu Werkzeugen der unendlichen Weisheit und Vorsehung" Gottes zu werden und sich dem Wirken des Heiligen Geistes zu überlassen, so die Kardinäle. "Denn er ist derjenige, der das Leben des Volkes Gottes lenkt, derjenige, auf den wir hören müssen, indem wir das annehmen, was er der Kirche sagt."