Zollitsch löst mit Zölibats-Äußerungen heftige Kontroverse aus

Unruhe im Episkopat

Der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch hat mit seinen Äußerungen zum Zölibat eine heftige innerkirchliche Kontroverse ausgelöst. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) und die Kirchenvolksbewegung "Wir sind Kirche" stellten sich hinter den neuen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz. Sie widersprachen dem Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller, der sich von Zollitsch distanziert hatte.

 (DR)

Der Konferenz-Vorsitzende hatte im "Spiegel"-Interview gesagt, der Zölibat sei ein "großes Geschenk". Die Verbindung zwischen Priestertum und Ehelosigkeit sei aber theologisch nicht notwendig.

Eine Änderung könne nur ein Konzil beschließen. Daraufhin hatte sich Müller entschieden gegen Spekulationen über eine Abkehr der Kirche vom Priesterzölibat gewandt. Von einer Aufhebung brauche man "weder jetzt noch in Zukunft" auszugehen. In einem "schnellen Interview" habe nicht alles so differenziert gesagt werden können, "wie es theologischen Ansprüchen genügt", meinte Müller mit Blick auf Zollitsch.

ZdK-Präsident Hans Joachim Meyer sagte dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Mittwoch): "Wir teilen das, was Erzbischof Zollitsch in seinem Interview gesagt hat, aus vollem Herzen." Die Aussagen seien theologisch abgewogen gewesen; "ein Interview ist keine Dissertation". Weiter nannte es Meyer "ungehörig" und "schlechten Stil", dass die bayerischen Bischöfe Müller, Walter Mixa aus Augsburg und Wilhelm Schraml aus Passau am Wochenende nicht am Abschiedsgottesdienst für den früheren Münchner Erzbischof, Kardinal Friedrich Wetter, teilgenommen hätten.

Der Regensburger Dogmatiker Wolfgang Beinert sieht die Debatte über den Zölibat nicht zu Ende. Denkverbote könne es um des Wohls der Kirche willen nicht geben, sagte er in Pentling. Die im 11.
Jahrhundert durch Papst Gregor VII. angeordnete Ehelosigkeit des Priesters sei nicht in der Heiligen Schrift zu finden. Es handle sich um eine Disziplinarvorschrift, nicht um ein Dogma. Der 74-Jährige verwies auf den ersten Timotheus-Brief. Darin erwartet Paulus von einem glaubwürdigen Bischof, dass er nur einmal verheiratet und ein guter Familienvater sein solle.

Der Sprecher der Kirchenvolksbewegung, Christian Weisner, erklärte, die Konservativen in der Bischofskonferenz hätten nicht verwunden, dass sie bei der Nachfolge von Kardinal Karl Lehmann als Vorsitzender "kein Stück des Kuchens für sich bekommen" hätten. In den "Stuttgarter Nachrichten" lobte Weisner, der neue Konferenz-Vorsitzende habe eines der drängendsten Probleme der Kirche gleich zu Beginn seiner Amtszeit angesprochen.

Die Vereinigung katholischer Priester und ihrer Frauen (VkPF) begrüßte die Zölibatsdebatte. Der Vorsitzende Ernst Sillmann zeigte sich aber in Aschaffenburg pessimistisch, dass es bei der Frage der Ehelosigkeit von Priestern Bewegung geben werde.

Der Kölner Weihbischof Heiner Koch kritisierte den Streit dagegen und sprach in der "Rheinischen Post" vom "Elend einer spezifisch deutschen Zölibats-Diskussion". Die Ehelosigkeit der Priester sei ein großes Zeugnis dafür, dass "wir an einen persönlichen Gott und seine Liebe glauben, der ein menschliches Leben erfüllen kann".

Das konservative "Netzwerk katholischer Priester" warf Zollitsch vor, den Eindruck zu erwecken, dass über das Thema Zölibat neu zu verhandeln sei. Nicht die Verpflichtung zur Ehelosigkeit gefährde den Priesternachwuchs, sondern die Verwässerung des sakramentalen Priestertums durch "demokratistische Organisationsstrukturen". Die Schriftstellerin Gabriele Kuby kritisierte auf dem Internet-Portal "kath.net", Zollitsch habe "ohne Not eine Fahne gehisst auf der steht: gegen Rom mit dem Strom".

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